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Wird eine abhängige Beschäftigung zwecks Wiederaufnahme einer pandemiebedingt aufgegebenen Selbständigkeit gekündigt, liegt zumindest ein Härtefall bei der Beurteilung der Sperrzeit des Arbeitslosengelds vor. Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen entschieden.

Der Kläger war seit dem Jahr 2000 mit einer Eventagentur selbstständig. Aufgrund der mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen in seiner Branche stellte er diese Tätigkeit im Jahr 2020 ein und nahm eine Anstellung als Berufskraftfahrer an. Zum 28. Februar 2022 kündigte er das Arbeitsverhältnis und meldete sich arbeitslos. Die Bundesagentur für Arbeit stellte den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit und das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld vom 1. März bis 23. Mai 2022 fest. Gegen den Sperrzeitbescheid erhob der Mann Klage.

Das Landessozialgericht NRW verpflichtete die Bundesagentur für Arbeit, dem Kläger ab dem 13. April bis 23. Mai 2022 Arbeitslosengeld zu zahlen. Hinsichtlich der ersten sechs Wochen der Sperrzeit ab dem 1. März 2022 wies es die Beschwerde zurück.

Zwar habe der Mann durch seine Kündigung die Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt. Fraglich sei aber bereits, ob dies grob fahrlässig erfolgt sei. Er habe nach Aktenlage im Januar 2022 noch davon ausgehen dürfen, dass er ab März 2022 wieder mit seiner Eventagentur tätig werden könne. Aber auch wenn angesichts der unsicheren Pandemielage Anfang des Jahres 2022 von einer grob fahrlässigen Herbeiführung ausgegangen werden sollte, sei die Annahme einer besonderen Härte mit der Folge einer Verkürzung der Sperrzeit auf sechs Wochen geboten. Es sei mindestens unverhältnismäßig hart, den Versuch eines vor der pandemiebedingten Schließung seines Geschäfts erfolgreich Unternehmers mit der Regelsperrzeit von zwölf Wochen zu sanktionieren, wenn – wie hier – ein berechtigter Grund zu der Annahme vorliege, dass die selbstständige Tätigkeit wiederaufgenommen werden könne.

Landessozialgericht NRW
Beschluss vom 1. September 2022 – L 9 AL 106/22 B ER