Das unkontrollierte Umherlaufen von Hunden als Reaktion auf das Zusammentreffen mit anderen Hunden stellt eine typische tierische Verhaltensweise dar. Darum haftet der Hundehalter, wenn infolge des so entstandenen “Hundegetümmels” ein Schaden entsteht. Das hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Koblenz abgeändert.
Der Vorfall ereignete sich, als die Klägerin ihre beiden Jack-Russell-Terrier an der Leine ausführte und hierbei das Grundstück des Beklagten passierte. Dort lief plötzlich dessen Hund vom Grundstück hinunter und auf die beiden Terrier zu. In der Folge entstand zwischen den Hunden ein „Getümmel“, in dem die Klägerin, die weiterhin die Leinen ihrer Hunde festhielt, stürzte. Sie zog sich hierbei eine Radiuskopffraktur zu und klagte wegen der erlittenen Verletzung und der hiermit einhergegangenen Einschränkungen auf Zahlung eines Schmerzensgelds in Höhe von mindestens 6000 Euro.
Sie machte erstinstanzlich geltend, ihr Sturz sei durch den heranstürmenden Hund verursacht worden. Das verklagte “Herrchen” wandte unter anderem ein, die Frau habe sich in den Leinen der eigenen Hunde verheddert und sei hierdurch gestürzt.
Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, der Klägerin sei es nicht gelungen darzulegen, dass der Sturz auf das Verhalten des Hundes des Beklagten zurückzuführen sei. Vielmehr sei nicht auszuschließen, dass sich lediglich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklich habe. Dem ist das Oberlandesgericht entgegengetreten.
Es sei unschädlich, dass die Klägerin nicht eingrenzen könne, weshalb sie letztlich zu Fall kam. Entscheidend sei, so der Senat, dass der Hund des Beklagten Auslöser des “Getümmels” und der Sturz unmittelbare Folge dieses “Getümmels” gewesen sei. Damit habe sich die von dem Hund ausgehende sogenannte Tiergefahr, das heißt die in dem unberechenbaren, instinktgesteuerten Verhalten des Tieres liegende Gefahr, in dem Sturz realisiert. Denn das unkontrollierte Umherlaufen von Hunden als Reaktion auf das Zusammentreffen mit anderen Hunden stelle eine in vorgenanntem Sinne typische tierische Verhaltensweise dar.
Allerdings müsse sich die Klägerin die von ihren eigenen Hunden ausgehende und mitursächlich gewordene Tiergefahr anspruchsmindernd anrechnen lassen. Die Höhe des Mitverschuldens sei im konkreten Fall mit einem Drittel zu bewerten.
Oberlandesgericht Koblenz
Urteil vom 9. Dezember 2019 – 12 U 249/18