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Sogenannte “mobile Briefmarken” dürfen nicht nach 14 Tagen ihre Gültigkeit verlieren. Das hat das Oberlandesgericht Köln entschieden. Die Befristung benachteilige die Käufer unangemessen, so das Urteil.

Geklagt hatte der Dachverband der 16 Verbraucherzentralen der Länder und 28 weiterer verbraucherpolitischer Verbände in Deutschland. Der beklagte Brief- und Paketzusteller bietet für Briefe und Postkarten als Nachweis für die Zahlung des Beförderungsentgelts eine mobile Briefmarke, auch “Portocode” genannt, ab. Kauf und Zahlung erfolgen über eine Smartphone-App. Nach der Bestellung und Bezahlung wird in der App der achtstellige Portocode zur Frankierung angezeigt, der handschriftlich auf dem Brief oder der Postkarte notiert wird.

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für den Onlinehandel der Beklagten heißt es, die mobile Briefmarke sei lediglich als ad-hoc Frankierung zum sofortigen Gebrauch gedacht. Weiterhin heißt es: “Erworbene mobile Briefmarken verlieren daher mit Ablauf einer 14-tägigen Frist nach Kaufdatum ihre Gültigkeit. Das maßgebliche Kaufdatum ist in der Auftragsbestätigung genannt. Eine Erstattung des Portos nach Ablauf der Gültigkeit ist ausgeschlossen.” Auf die Gültigkeitsdauer werden die Verbraucher bereits vor dem Erwerb der mobilen Briefmarke hin.

Das Landgericht Köln hatte der Klage vollumfänglich stattgegeben. Das Urteil wurde im Revisionsverfahren vom Oberlandesgericht bestätigt. Die in Rede stehenden Regelungen als AGB seien nicht von einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB ausgenommen.

Die Beklagte hatte sich darauf berufen. Zudem werde der Verbraucher nicht einseitig benachteiligt, sondern durch ein besonders einfach zu handhabendes Produkt begünstigt, erklärte sie. Jede Ausdehnung der Gültigkeitsdauer bedeute zudem eine deutliche Zunahme an notwendigen Zeichen, was der einfachen Handhabbarkeit des Produkts zuwiderliefe. Das Gericht widersprach dem und auch der Behauptung, beim Erwerb der mobilen Briefmarke handele es sich bereits um einen konkreten Frachtvertrag und nicht um einen Kaufvertrag, für den die Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB drei Jahre beträgt.

Das Gericht führte das Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung an, das für schuldrechtlich gegenseitige Verträge gelte. Im Falle einer temporalen Verfallfrist werde in das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung eingegriffen, weil der Verbraucher zwar den Preis für die Leistung bezahle, ihm die Gegenleistung aber nur befristet zustehen solle. Zwar sei nicht jede zeitlich begrenzte Gültigkeitsdauer als nicht hinnehmbare Verletzung des Äquivalenzprinzips und unangemessene Benachteiligung des Kunden anzusehen. Durch die Abkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren auf drei Jahre habe der Gesetzgeber allerdings bereits den Interessen der Schuldner Rechnung getragen. Damit hätten sich die Anforderungen an die Rechtfertigung von AGB, die eine kürzere als die gesetzliche Verjährungsfrist zur Anspruchsdurchsetzung statuieren, erhöht.

Im konkreten Falle werde zudem durch die Beschränkung der Gültigkeit auf 14 Tage der Erfüllungsanspruch auf etwa ein Prozent der gesetzlich vorgesehenen Verjährungsfrist verkürzt. Höherrangige oder zumindest gleichwertige Interessen der Beklagten seien dafür aber nicht ersichtlich. Auch die Möglichkeit, die Bestellung der Briefmarke binnen 14 Tage kostenlos stornieren zu können, ändere nicht daran.

Oberlandesgericht Köln
Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 U 148/22