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Sportvereine können sich nicht mehr auf eine allgemeine, aus der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) abgeleitete Steuerfreiheit bei der Umsatzsteuer berufen können. Dies folgert sich aus einer neuen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), der damit entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung geurteilt.

Die aktuelle Entscheidung des BFH betrifft unmittelbar nur Leistungen, die Sportvereine gegen gesonderte Vergütung erbringen. Sie ist aber für die Umsatzbesteuerung im Sportbereich von grundsätzlicher Bedeutung. Dies beruht darauf, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des BFH Leistungen, die Sportvereine an ihre Mitglieder gegen allgemeine Mitgliedsbeiträge erbringen, entgegen der Verwaltungspraxis weiterhin steuerbar sind, sodass es durch die nunmehr versagte Steuerbefreiung zu einer Umsatzsteuerpflicht kommt.

Grauzone zwischen Vereinsleben und Kommerz

Sportvereine müssen jetzt also damit rechnen, dass die Rechtsprechung ihre Leistungen auch insoweit als umsatzsteuerpflichtig ansieht, als sie derartige Leistungen an ihre Mitglieder erbringen und es sich dabei nicht um eine sportliche Veranstaltung handelt, wie sie das Umsatzsteuergesetz (UStG) in § 4 Nr. 22 Buchst. b definiert. Hiernach sind sportliche Veranstaltungen, die von gemeinnützigen Vereinen durchgeführt werden steuerfrei, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht. Der Begriff der “sportlichen Veranstaltung” umfasst alle organisatorischen Maßnahmen, die es aktiven Sportlern erlauben, Sport zu betreiben.

Diese Problematik dürfte sich nur gesetzgeberisch dadurch lösen lassen, dass der Bund als nationaler Gesetzgeber die nach der Richtlinie bestehende Möglichkeit ergreift, Leistungen im Bereich des Sports weitergehend als bisher von der Umsatzsteuer zu befreien. Dies wird in der Fachwelt seit zwei Jahrzehnten diskutiert, ohne dass der Bund derartige Überlegungen bislang aufgegriffen hat. Hintergrund ist die Grauzone zwischen traditionellem Vereinsleben und Kommerz. Bestes Beispiel sind gewerbliche Fitnessstudios, die sich bereits seit längerem über die Steuerfreiheit der Sportvereine, die ein ähnliches Angebot machen, beschweren.

Golfverein verlangte Geld für Zusatzangebote

In dem vom BFH jetzt entschiedenen Streitfall ging es um einen Golfverein, der nicht nur von seinen Mitgliedern durch allgemeine Mitgliedsbeiträge aus Sicht der Finanzverwaltung nicht steuerbar vergütet wurde, sondern der darüber hinaus eine Reihe von Leistungen gegen gesondertes Entgelt erbrachte. Dabei handelte es sich um die Berechtigung zur Nutzung des Golfspielplatzes, die leihweise Überlassung von Golfbällen für das Abschlagstraining mittels eines Ballautomaten, die Durchführung von Golfturnieren und Veranstaltungen, bei denen der Verein Startgelder für die Teilnahme einnahm, die mietweise Bereitstellung von Caddys und um den Verkauf eines Golfschlägers.

Das Finanzamt  sah diese gesondert vergüteten Leistungen als steuerbar und umsatzsteuerpflichtig an. Die dem Grunde nach mögliche Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG für den Veranstaltungsbereich versagte es, da es den Golfverein nicht als gemeinnützig ansah, was es insbesondere damit begründete, dass es an einer hinreichenden Vermögenszweckbindung für den Fall der Vereinsauflösung fehlte. Das Finanzgericht gab der hiergegen eingelegten Klage statt, da es nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung des BFH davon ausging, dass sich der Golfverein auf eine weiter gefasste Steuerfreiheit nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie berufen könne.

Da diesbezüglich Zweifel aufgetreten waren, rief der BFH im Revisionsverfahren den Europäischen Gerichtshof an. Dieser entschied, dass eine Berufung auf die Steuerfreiheit nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie nicht möglich sei. Dem hat sich der BFH jetzt unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung angeschlossen. Danach war die Klage abzuweisen. Dies gilt auch für die eigentlich unter § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG fallende Durchführung von Golfturnieren und Veranstaltungen, bei denen der Kläger Startgelder einnahm. Denn der EuGH hatte ergänzend entschieden, dass die Steuerfreiheit im Sportbereich voraussetzt, dass das Vereinsvermögen im Auflösungsfall nur zweckgebunden verteilt werden kann, woran es im Streitfall fehlte.

Bundesfinanzhof
Urteil vom 21. April 2022 – V R 48/20 (V R 20/17)