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Der Betreiber eines Verkaufsstands hat dafür Sorge zu tragen, dass quer durch einen Fußgängerbereich verlegte Stromkabel nicht zu einer Stolperfalle werden. Ergriffene Sicherungsmaßnahmen, etwa durch Abdeckmatten, dürfen dabei keine neuen Stolpergefahren begründen, weil sie im Randbereich wellig sind oder vom Boden abstehen und in einem dichten Gedränge von Menschen kaum wahrzunehmen sind.

Dem betreffenden Fall am Oberlandesgericht (OLG) Hamm liegt ein Vorfall im August 2017 bei einem Bundesligaspiel im Dortmunder Fußballstadion zu Grunde. Zu dieser Zeit betrieb die Beklagte im Stadion Verkaufsstände, an denen sie Brezeln verkaufte. Der Kläger besuchte das Fußballspiel gemeinsam mit seinem Sohn sowie einem Freund. Nach dem Abpfiff des Spiels stürzte er auf der Höhe einer von der Standbetreiberin verlegten Gummimatte, die quer über den Durchgang verlaufende Elektrokabel überdeckte.

Ob der Kläger über die Gummimatte oder nur in deren Nähe gestürzt war, ist zwischen den Parteien umstritten. Er erlitt durch den Sturz Riss- und Quetschwunden im Gesicht, von denen deutliche Narben in der unteren Gesichtshälfte verblieben sind. Er verlangt von der beklagten Brezelstandbetreiberin Schmerzensgeld- und Schadensersatz von insgesamt fast 10.000 Euro. Seit dem Vorfall werden in dem Stadion keine Kabelmatten mehr verwendet. Die Verkaufsstände stehen nur noch direkt vor Stromquellen oder werden über oberirdische Leitungen versorgt.

Das Landgericht Dortmund hatte festgestellt, dass dem Kläger dem Grunde nach gegenüber der beklagten Standbetreiberin ein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz zustehe, dieser Anspruch aber um 1/3 zu reduzieren sei. Die Gummimatte habe sich – so das Landgericht – mit ihren Rissen und Wellenbildungen in einem derart schlechten Zustand befunden, dass sie jedenfalls so nicht mehr hätte verwendet werden dürfen. Es müsse zudem davon ausgegangen werden, dass der Kläger über die Gummimatte – und nicht etwa davor oder dahinter – gestürzt sei. Der Kläger habe aber durch seine Nachlässigkeit zu seinem Sturz beitragen, weshalb er sich ein Mitverschulden von 1/3 anrechnen lassen müsse. Denn er habe erkennen können, dass an der Stelle eine Gummimatte gelegen habe. Zur Höhe des Anspruchs hat das Landgericht noch keine Entscheidung getroffen.

Gegen dieses Urteil hat sich die Standbetreiberin mit ihrer Berufung gewandt, die sie allerdings wieder zurückgenommen hat, nachdem das OLG Hamm auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Berufung hingewiesen hatte.

Das Gericht hat im Wesentlichen ausgeführt, dass bezogen auf die Stromversorgung des Brezelstands die Pflicht bestanden habe, das quer durch den Fußgängerbereich über den Boden verlaufende Stromkabel durch geeignete Maßnahmen abzusichern, weil es eine Stolperfalle dargestellt habe. Hierzu sei eine Gummimatte zwar grundsätzlich geeignet, allerdings habe hier diese Matte im Randbereich nicht flach auf dem Boden gelegen, sondern Bögen geworfen, weshalb das Risiko bestanden habe, dass die in großer Zahl aus dem Stadion strömenden Fußballfans in dichtem Gedränge – und wahrscheinlich überwiegend auch noch gedanklich beschäftigt mit dem erlebten Fußballereignis – zwar die Matte als solche, aber nicht deren welligen Randbereich so rechtzeitig haben erkennen können, um dort nicht mit dem Fuß „einzufädeln“.

Zutreffend habe das Landgericht nach Anhörung des Klägers und Vernehmung von Zeugen auch angenommen, dass der Sturz des Klägers seinen Ausgang an der Gummimatte genommen habe. Eine abweichende Sturzursache komme nicht ernstlich in Betracht.

Die Matte selbst sei wegen ihres Zustands nicht geeignet gewesen, die vom abgedeckten Kabel ausgehende Stolpergefahr für die Zuschauer zuverlässig abzuwenden, sondern habe im Gegenteil eine neue Gefahrenquelle geschaffen. Der Standbetreiberin sei es nicht gelungen, die ordnungsgemäße Verlegung der Gummimatte nicht nur zu Beginn des Fußballspiels, sondern während des gesamten Zeitraums, in dem sich Zuschauer im Stadion aufhielten, zu gewährleisten. Dies hätte nur durch Verwendung stabiler, sich nicht verformender und bewegender Matten oder gegebenenfalls durch ein Abkleben der Ränder erreicht werden können. Das dem Kläger vorzuwerfende Mitverschulden habe das Landgericht mit 1/3 nicht zu gering angesetzt.

Oberlandesgerichts Hamm
Beschluss vom 7. Mai 2021 – 7 U 27/20