VOB/B 2002 - Änderungen im Überblick

VOB/B als Allgemeine Geschäftsbedingung

Infolge der Schuldrechtsmodernisierung sind die Normen des AGB-Gesetzes (AGBG) in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) übernommen worden. Die VOB/B war bislang nach Ansicht des Bundesgerichtshofs eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die “als Ganzes” eine ausgewogene Regelung darstellte, so dass eine isolierte Kontrolle der einzelnen Klauseln der VOB/B zu unterbleiben hatte.

Nach Einbindung des AGBG in das BGB stellt sich die Frage, ob die VOB/B als Ganzes noch als sog. privilegiertes Regelwerk im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes angesehen werden kann, weil der Gesetzgeber die vorherige Regelung im AGBG nicht wortgleich übernommen hat. Auf Grund dieser geänderten Fassung der Bestimmungen im BGB wird nun vielfach die Ansicht vertreten, jede einzelne Regelung der VOB/B sei nunmehr der isolierten Kontrolle unterworfen.

Da die Praxis auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage noch wartet, sollten wegen dieser bestehenden Rechtsunsicherheit beide Bauvertragsparteien im Sinne einer Kooperationspflicht bei Vertragsschluss Wert darauf legen, dass die VOB/B als Ganzes zur Vertragsgrundlage gemacht wird, also nicht einseitig von einem Vertragspartner gestellt wird. Damit wird erreicht, dass die Vorschriften über die Kontrolle einzelner VOB/B-Klauseln im Sinne der §§ 305 ff. BGB n.F. gar nicht erst zur Anwendung kommen.

 

Mängelansprüche (§ 13 VOB/B)

Der Mangelbegriff in § 13 VOB/B wurde gänzlich neu formuliert und den Begriffen im BGB angepasst. Ebenso wie im BGB ist der Begriff der “zugesicherten Eigenschaft” entfallen. Entsprechend den Regelungen im BGB stellt die neue Regelung bei der Frage, wann ein Werk mangelfrei ist, in erster Linie darauf ab, ob sie die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit hat. Ansonsten ergeben sich keine einschneidenden Veränderungen gegenüber der vorherigen Fassung.

Ebenso auf Grund der veränderten Begrifflichkeiten im BGB wurden § 13 Nr. 2 und Nr. 3 VOB/B angepasst, ohne dass damit rechtliche Änderungen verbunden wären.

In § 13 Nr. 4 VOB/B wurden die wohl wichtigsten Änderungen vorgenommen. Die Verjährungsfristen wurden verlängert und gelten wie folgt:

  • Bauwerke 4 Jahre
  • Arbeiten an einem Grundstück 2 Jahre
  • Feuerungsanlagen 2 Jahre
  • Industrielle Feuerungsanlagen 1 Jahre
  • Maschinelle und elektronische Anlagen 2 Jahre

Zwar wurden nicht die Verjährungsvorschriften des Werkvertrages im BGB übernommen, aber immerhin diesen angeglichen.

Neu ist auch der Neubeginn der Verjährung, wenn Mängel nach der Abnahme festgestellt werden. Der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel verjährt in 2 Jahren, nach Abnahme der Mängelbeseitigung beträgt die Verjährungsfrist ebenso 2 Jahre. Beide Verjährungsfristen enden jedoch nicht vor Ablauf der Regelverjährungsfrist von 4 Jahre. Die Verjährungsfrist kann daher insgesamt 6 Jahre betragen, falls die Mängel rechtzeitig gerügt werden.

Während bei der Minderungen in § 13 Nr. 6 VOB/B keine inhaltlichen Änderungen erfolgten, wurde die Haftung auf Schadenersatz in § 13 Nr. 7 VOB/B wegen der Anpassung an die Regelung des BGB-Schuldrechtes größtenteils neu formuliert. Soweit § 13 Nr. 7 VOV/B die Haftung für Schäden aus Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit begrenzt wird, die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit sich nunmehr nicht nur auf wesentliche, sondern auf alle Mängel erstreckt, waren die Korrekturen notwendig, um den Regeln für Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Neufassung im BGB genüge zu tun.

 

Zahlung (§ 16 VOB/B)

Die Regeln über die Verhandlungen von Abschlagszahlungen in § 16 Nr. 1 VOV/B haben keine inhaltlichen Änderungen erfahren.

Soweit Vorauszahlungen vereinbart sind, wich bisher der Zinssatz des BGB und der Zinssatz der VOB/B voneinander ab. Zur Vermeidung von Umrechnungsschwierigkeiten wird nunmehr auch in § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B auf den Basiszinssatz des BGB abgestellt.

Während die Regelungen über den Zahlungsverzug in § 16 Nr. 3 VOB/B lediglich eine Klarstellung dahingehend erfahren haben, dass der Zugang der Schlussrechnung sowie der Ablauf der Prüffrist Fälligkeitsvoraussetzungen sind, wurde der Verzugszinssatz in § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B an den gesetzlichen Zinssatz, also 8 % bei Unternehmen und 5 % bei Verbrauchern (jeweils über dem Basiszinssatz) angepasst. Bei Überschreitung der 2-monatigen Prüfungsfrist für die Schlussrechnung tritt hinsichtlich des unbestrittenen Guthabens automatisch Verzug ein und der Auftragnehmer hat ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf die eben dargestellten Verzugszinsen.

Die bisherige Regelung in § 16 Nr. 6 VOB/B, nach welcher der Auftraggeber berechtigt war, zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus § 16 Nr. 1 – 5 VOB/B, Zahlungen an Gläubiger des Auftragnehmers, also an Dritte zu leisten, soweit sie an der Ausführung der vertraglichen Leistung des Auftragnehmers auf Grund eines Dienst- oder Werkvertrages beteiligt waren, hielt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einer isolierten Inhaltskontrolle nach AGB-Recht nicht Stand, denn nach dem gesetzlichen Leitbild befreit die Zahlung einen Dritten nur dann von der eigenen Schuld, wenn der Dritte vom Auftragnehmer zur Entgegennahme der Leistung ermächtigt ist. Ermächtigt der Auftragnehmer nicht, wovon in einer Vielzahl von Fällen ausgegangen werden muss, lies sich aus der Tatsache des bloßen Zahlungsverzugs des Auftragnehmers keine von seinem Willen abweichende Empfangszuständigkeit herleiten. Aus diesem Grund ist für die mit befreiender Wirkung gegenüber dem Auftragnehmer ausgestalteten Direktzahlung des Auftraggebers an den Subunternehmer nunmehr zusätzlich Voraussetzung, dass die Direktzahlung die Fortsetzung der Leistung sicher stellen soll.

 

IV. Sicherheitsleistung

Die Rechtsprechung hat in einigen Fallgestaltung (Gewährleistungsbürgschaft, Vorauszahlungsbürgschaft) die Vereinbarung des Erfordernisses einer Bürgschaft auf erstes Anfordern in AGB als unzulässig angesehen. Da solche Bürgschaften für den Auftragnehmer auch eine enorme Liquiditätsbelastung darstellen können, was nicht der Zielrichtung der VOB/B entspricht, ist die neue Regelung von dem Ziel getragen, dass der Auftraggeber zwar ausreichende Sicherheiten zur Verfügung gestellt bekommt, diese Sicherheiten aber nicht als Druckmittel dienen oder missbraucht werden können. Eine sogenannte Bürgschaft auf erstes Anfordern kann der Auftraggeber nach § 17 Nr. 4 VOB/B neue Fassung nicht mehr verlangen.

Soweit bislang der Auftraggeber verpflichtet war, eine nicht verwertete Sicherheit zum vereinbarten Zeitpunkt, spätestens jedoch nach Ablauf der Verjährungsfrist für die Gewährleistung zurück zu geben, sind Gewährleistungsbürgschaften nunmehr nach Ablauf von 2 Jahren zurück zu geben, sofern nicht ein anderer Rückgabezeitpunkt vereinbart wurde. Bei dieser Regelung soll die Verdoppelung der Gewährleistungsfristen kompensiert werden, da der Auftragnehmer die Sicherheiten – in der Regel Bankbürgschaften – sonst doppelt so lange wie bisher finanzieren musste. Insofern wurde die zweijährige Frist für die Rückgabe der Sicherheit trotz Verdoppelung der Gewährleistungsfrist beibehalten. Durch diese Regelung verliert der Auftraggeber nach Ablauf der Hälfte der Gewährleistungsfrist seine Sicherheit. Es empfiehlt sich unter Umständen der Abschluss einer vertraglichen Sonderregelung, die wegen der Formulierung “sofern kein anderer Rückgabezeitpunkt vereinbart ist” auch zulässig ist.

In allen Fragen des Bauvertragsrecht und der VOB/B ist Herr Rechtsanwalt Marcel Schulze Bomke-Vossschulte, Ihr Ansprechpartner. Für die Terminvereinbarung stehen Ihnen im Sekretariat Frau Heike Steffens und Frau Katja Oeben gerne zur Verfügung.

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AGB

Jede Abweichung von VOB/B führt zur deren AGB-Kontrolle

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat in Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass jede auch nur geringfügige vertragliche Abweichung von der VOB/B dazu führt, dass diese nicht mehr als Ganzes vereinbart worden ist und somit jede einzelne Bestimmung der Inhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingung (AGB) unterliegt.

Bislang galten einzelne Regelungen der VOB/B nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof zum Geltungsbereich des AGB-Gesetzes nicht der Inhaltskontrolle, wenn der Verwender die VOB/B ohne ins Gesicht fallende Einschränkungen übernommen hatte. Dieser Privilegierung der VOB/B lag die Erwägung zu Grunde, dass die VOB/B als Ganzes einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber bezweckt. Erst wenn dieser zu verwirklichende Interessenausgleichung durch die konkrete Vertragsgestaltung wesentlich beeinträchtigt worden war, mithin der Vertrag Regelungen vorsah, die in den Kernbereich der VOB/B eingriffen, war die Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht für jede einzelne Regelung der VOB/B eröffnet. Wann vertraglich abweichende Regelungen von der VOB/B soweit gingen, dass deren Kernbereich betroffen war, entschied der Bundesgerichtshof in den Folgejahren jeweils im Einzelfall.

Diese Rechtsprechung stieß seit jeher auf Widerspruch, weil es keine klaren Abgrenzungskriterien gab, unter welchen Voraussetzungen eine wesentliche Beeinträchtigung des in der VOB/B verwirklichten Interessenausgleichs, mithin ein Eingriff in den Kernbereich der VOB/B angenommen werden konnte. Aus jener Kritik hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshof nunmehr die Konsequenz gezogen, dass prinzipiell jede inhaltliche Abweichung von der VOB/B als eine Störung des von ihr zu beabsichtigen Interessenausgleichs zu bewerten ist. Die VOB/B ist demnach nur dann einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht entzogen, wenn sie als Ganzes uneingeschränkt vereinbart worden ist. Damit ist die Inhaltskontrolle der VUB-B vorliegen und unabhängig davon, ob eventuell benachteiligende Regelungen im Vertrag möglicherweise durch andere Regelungen “ausgeglichen” werden.

Der Bundesgerichtshof entschied dies für alle vor dem 1.1.2002 geschlossenen Verträge. Inwieweit diese Rechtsprechung auch auf Verträge ab dem 1.1.2002 anwendbar ist, ließ der Bundesgerichtshof ausdrücklich offen. In der baurechtlichen Literatur wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass der Bundesgerichtshof jene Rechtsprechung auch auf Neuverträge ausdehnen wird. Da inhaltliche Abweichungen von der VOB/B üblich sind, würde es dann sehr häufig zu einer Einzelkontrolle jeder Klausel kommen.

Kommentierung des Urteils des Bundesgerichtshofes vom 22.1. 2004, Az.: VII ZR 419/02, durch Rechtsanwalt Marcel Schulze Bomke-Vossschulte. Für die Terminvereinbarung steht Ihnen im Sektretariat Frau Monika Abraham gerne zur Verfügung.

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