Wer unmittelbar nach einer Eigenkündigung während der gesamten Zeit der Kündigungsfrist der Arbeit fernbleibt und dafür Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen einreicht, riskiert damit die Fortzahlung seines Gehalts. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschied in einem entsprechenden Fall zugunsten des Arbeitgebers, der den Lohn einbehielt.
Die Mitarbeiterin war als Pflegeassistentin beschäftigt und hatte am 4. Mai 2022 mit Datum 5. Mai 2022 ein Kündigungsschreiben zum 15. Juni 2022 verfasst und darin unter anderem um die Zusendung einer Kündigungsbestätigung und der Arbeitspapiere an ihre Wohnanschrift gebeten. Ab dem 5. Mai 2022 erschien sie nicht mehr zur Arbeit und reichte durchgehend bis zum 15. Juni 2022 und damit genau für sechs Wochen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) ein. Ihr Arbeitgeber leistete daraufhin keine Entgeltfortzahlung.
Das Landesarbeitsgericht verwies zunächst auf den vom Bundesarbeitsgericht festgestellten hohen Beweiswert von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Der Arbeitgeber kann diesen Beweiswert nur dadurch erschüttern, dass er tatsächliche Umstände darlegt und beweist, die Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers ergeben und damit der ärztlichen Bescheinigung kein Beweiswert mehr zukommt.
Eine zeitlich passgenaue Krankschreibung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist kann den Beweiswert erschüttern. Im vorliegenden Fall trug dazu auch die Einreichung mehrerer AU bis zum Ende der Kündigungsfrist von sechs Wochen und damit punktgenau für den maximalen Entgeltfortzahlungszeitraum von sechs Wochen. Zudem ergab sich aus dem Kündigungsschreiben, dass der Verfasser von vornherein nicht mehr mit seiner Anwesenheit plante, weil er die Kündigungsbestätigung und Arbeitspapiere zur Wohnanschrift geschickt haben wollte.
Bei der Beweiswürdigung stellt das Landesarbeitsgericht entscheidend darauf ab, dass nach seiner Überzeugung die Klägerin ihrem Arzt Beschwerden vorgetragen hat, die tatsächlich nicht bestanden haben. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil vom 2. Mai 2023 – 2 Sa 203/22