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Wenn der eine Ehegatte stirbt, möchte der andere meist im gemeinsamen Eigenheim verbleiben. Gibt es eine Erbengemeinschaft und diese will das Haus verkaufen, nimmt das Einfluss auf das Wohnrecht des verwitweten Ehepartners. In einem Fall vor dem Oberlandesgericht Oldenburg kam es zur Klage der Großmutter gegen ihren Enkel.

Die Klägerin war gemeinsam mit ihren beiden Töchtern Erbin ihres des Hauses, das dem verstorbenen Ehemann gehörte. Man einigte sich über einen Verkauf des Hauses an den Enkel der Witwe. Dabei gab es Gespräche darüber, dass sie grundsätzlich in dem Haus wohnen bleiben könne, auch wenn der Enkel Eigentümer der Immobilie würde. Es kam aber nicht zur Eintragung eines dinglichen Wohnrechts im Grundbuch.

Der Enkel kündigte gegenüber seiner Großmutter nach rund eineinhalb Jahren “das unentgeltliche Nutzungsverhältnis” und verkaufte das Haus dann zum mehr als doppelten Preis an ein junges Paar. Die Großmutter klagte daraufhin vor dem Landgericht Osnabrück auf Feststellung, dass ihr ein lebenslanges, unentgeltliches Wohnrecht zustehe. Das Gericht verurteilte den Enkel entsprechend. Vor dem Oberlandesgericht hatte er mit seiner Berufung keinen Erfolg.

Im Rahmen der Zeugenvernehmung vor dem Landgericht habe sich ergeben, dass sich die Großmutter, ihre beiden Töchter und der Enkel vor dem Verkauf an diesen bei einem Kaffeetrinken darauf geeinigt hätten, dass die damals Mitte 70-jährige Großmutter auch bei einer Übernahme des Hauses durch den Enkel in dem Haus wohnen bleiben dürfe (= schuldrechtliches Wohnrecht). Ein Kündigungsrecht habe der Enkel nicht bewiesen.

Das Gericht urteilte, die Großmutter habe einen Anspruch auf Feststellung, dass ihr gegenüber dem Enkel ein schuldrechtliches Wohnrecht zustehe – also ein Wohnrecht, das nicht im Grundbuch eingetragen ist. Dies gelte trotz des Weiterverkaufs der Immobilie. Angesichts des Verkaufs an das junge Ehepaar kämen jetzt nämlich möglicherweise Schadensersatzansprüche der Großmutter gegen den Enkel in Betracht, sodass sie ein sogenanntes “Feststellungsinteresse” habe.

Weil es sich nur um ein schuldrechtliches, nicht eingetragenes Wohnrecht handelt, wird die Großmutter dies gegenüber den neuen Käufern nicht geltend machen können. Ihr dürften aber Schadensersatzansprüche gegen ihren Enkel zustehen.

Oberlandesgericht Oldenburg
Beschlüsse vom 27. April 2023 und 22. Juni 2023 – Az. 8 U 174/22