Bei der Grenzbepflanzung eines Grundstücks, das tiefer liegt als das Nachbargrundstück, ist die zulässige Pflanzenwuchshöhe von dem höheren Geländeniveau des Nachbargrundstücks aus zu messen. So hat der Bundesgerichtshof basierend auf den nachbarrechtlichen Vorschriften – im vorliegenden Falle nach dem Gesetz zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Freistaat Bayern (BayAGBGB) – entschieden.

Zum Hintergrund: Die Parteien sind Eigentümer aneinandergrenzender Grundstücke in Hanglage in Bayern. Das Grundstück des Klägers liegt höher als das der Beklagten. Zwischen beiden befindet sich eine circa einen bis 1,25 Meter hohe Geländestufe, an der eine Mauer verläuft. Auf dem Grundstück der Beklagten steht entlang der Geländestufe eine sechs Meter hohe Thujenhecke. Sie wurde zuletzt 2009 oder 2010 auf eine Höhe von etwa 2,90 Meter geschnitten, gemessen von ihrer Austrittstelle. Der Kläger verlangt von der Beklagten, die Hecke zweimal jährlich mit Ausnahme des Zeitraums vom 1. März bis 30. September auf eine Höhe von 2 Meter, gemessen ab dem oberen Ende der Mauer zwischen den Grundstücken der Parteien zurückzuschneiden. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

Das Amtsgericht Hersbruck hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht Nürnberg-Führt ihr stattgegeben. Der unter anderem für das Nachbarrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Nach Art. 47 Abs. 1 BayAGBGB kann der Eigentümer eines Grundstücks verlangen, dass Bäume, Sträucher und Hecken, die in einer geringeren Entfernung als zwei Meter von der Grenze seines Grundstücks gehalten werden, nicht höher als zwei Meter sind. Anderenfalls kann er den Rückschnitt der Pflanzen verlangen.

Die zulässige Höhe der Pflanzen ist grundsätzlich von der Stelle aus zu messen, an der diese aus dem Boden austreten. Das gilt aber nicht, wenn die Pflanzen auf einem Grundstück stehen, das tiefer als das Nachbargrundstück liegt. In diesem Fall ist eine Beeinträchtigung des höher gelegenen Grundstücks erst möglich, wenn die Pflanzen dessen Höhenniveau erreichen. Die zulässige Pflanzenwuchshöhe ist deshalb nicht von der Austrittstelle der Pflanzen, sondern von dem Bodenniveau des höher gelegenen Grundstücks aus zu bestimmen.

Das führt hier dazu, dass Verjährung nicht eingetreten ist. Nach Art. 52 Abs. 1 Satz 2 BayAGBG verjährt der Anspruch auf Rückschnitt in fünf Jahren. Der Anspruch des Klägers auf Rückschnitt ist entstanden, als die Thujenhecke zuletzt eine Höhe von zwei Meter, gemessen von der circa einen Meter hohen Geländestufe, und damit eine absolute Höhe von drei Meter überschritten hat. Das war frühestens 2009 der Fall. Der zu diesem Zeitpunkt begonnene Lauf der Verjährungsfrist ist rechtzeitig gehemmt worden.

Nicht Gegenstand der Entscheidung war die Frage, wie die Messung im umgekehrten Fall zu erfolgen hat, also bei einer Grenzbepflanzung des höher gelegenen Nachbargrundstücks.

Bundesgerichtshof
Urteil vom 2. Juni 2017 – V ZR 230/16

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