Ein Betriebsrat kann auf Antrag durch das Arbeitsgericht aufgelöst werden, wenn er objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend gegen seine gesetzlichen Pflichten verstößt. Das legt § 23 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) fest. Und auch wenn einzelne Verstöße für sich genommen noch keine Auflösung rechtfertigen, kann sich aus der Gesamtschau mehrerer Gesetzesverstöße die Untragbarkeit der weiteren Amtsausübung ergeben, wie ein Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn gezeigt hat. Als Verstoß kommt beispielsweise die grundsätzliche Missachtung der Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit infrage.
Im vorliegenden Fall wurde der Betriebsrat einer kommunalen Verkehrsgesellschaft in privater Rechtsform aufgelöst. Der Betrieb beschäftigt 168 Mitarbeiter, der Betriebsrat wird aus sieben Personen gebildet. Dessen Auflösung beantragten mehr als ein Viertel der Belegschaft sowie die Arbeitgeberin beim Arbeitsgericht.
Das Arbeitsgericht bestätigte diverse Pflichtverletzungen:
So hat sich der Betriebsrat in einem Eilverfahren vor Gericht auf eine falsche Versicherung an Eides Statt berufen. Er nimmt für seine Betriebsratsarbeit bezahlte Freistellung im Gesamtumfang von mehr als drei Vollzeitstellen in Anspruch, was nach der Gesetzessystematik erst für eine Betriebsgröße von 901 bis 1500 Mitarbeiter vorgesehen ist. So würden drei beziehungsweise fünf Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten binnen zwölf Monaten keine Prüfungstiefe rechtfertigen, die die Kontrolle von Dienstplänen im Umfang von mehreren Tagen in der Woche durch diverse Betriebsratsmitglieder erfordere. Dies entspräche der faktischen Freistellung in der Größenordnung von mindestens einer Vollzeitstelle.
Der Großteil des Gremiums hatte an einer Gerichtsverhandlung sowie einer Betriebsratssitzung nebst Vorbesprechung im Gericht teilgenommen, angezeigt wäre allein die Teilnahme des Vorsitzenden gewesen. Der Betriebsrat bearbeitete und prüfte eingegangene Urlaubsanträge, obwohl ein Streit hierüber zwischen der Arbeitgeberin und den beteiligten Arbeitnehmern nicht ersichtlich ist.
Er hatte bei seinen Ankündigungen von Betriebsratsarbeit durchgehend ungenügende Zeitangaben gemacht, sodass die Mitglieder für den ganzen Tag ausgeplant werden mussten. Ferner hatte er auf einer Betriebsratsversammlung Gesundheitsdaten von Mitarbeitern weitergegeben. Daneben führte er quasi eine doppelte Personalakte, indem er alle Dienstpläne, Krankheitsmitteilungen und Urlaubsanträge ausdruckt und in eigenen Aktenordnern ablegte. Der Zweck dieser Speicherung ist mehr als zweifelhaft. Auch der Betriebsrat ist grundsätzlich zur sogenannten Datensparsamkeit angehalten.
Im Übrigen verstieß er gegen § 43 Abs. 2 BetrVG, indem er den Geschäftsführer der Arbeitgeberin und weitere Personen der Leitungsebene von der Teilnahme an der Betriebsversammlung ausschloss. Schließlich verstieß er auch gegen das Betriebsverfassungsgesetz, weil er Sprechstunden durchführte, ohne sich vorher mit der Arbeitgeberin auf Zeit und Ort zu einigen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Es ist Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Az. 5 TaBV 16/23) eingelegt worden.
Arbeitsgericht Elmshorn
Urteil vom 23. August 2023 ‑ 3 BV 31 e/23