Der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat am
Bundesgerichtshof hat erneut über Ausgleichsansprüche von Flugreisenden nach
der Fluggastrechteverordnung (Art. 7 Abs. 1 Buchst. c*) wegen einer
Flugverspätung entschieden.
Die Kläger beanspruchen jeweils eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro.
Sie buchten bei der beklagten Iberia S.A. eine Flugreise von Miami über
Madrid nach Düsseldorf. Der Abflug von Miami nach Madrid verzögerte sich um
eine Stunde und 20 Minuten. Die bereits bei Flugantritt in Miami mit
Bordkarten für die gesamte Reise versehenen Kläger erreichten Madrid
entsprechend mit Verspätung. Der Weiterflug der Kläger sollte an einem
ausgelagerten Terminal des Flughafens erfolgen, den die Kläger nicht mehr
rechtzeitig erreichen konnten. Sie kamen infolgedessen mit einem anderen
Flug siebeneinhalb Stunden später als vorgesehen in Düsseldorf an.
Das Amtsgericht Düsseldorf hat die Klage (25 C 10071/09) abgewiesen, das
Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung
weiter.
Der Bundesgerichtshof hat das Revisionsverfahren zunächst ausgesetzt und dem
Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob dem Fluggast eine
Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung auch dann
zusteht, wenn sich der Abflug um eine Zeitspanne verzögert hat, die
unterhalb der in Art. 6 Abs. 1** der Fluggastrechteverordnung definierten
Grenzen liegt, die Ankunft am letzten Zielort aber mindestens drei Stunden
nach der planmäßigen Ankunftszeit erfolgt. Nach dem Urteil des
Unionsgerichtshofs vom 26. Februar 2013 (C-11/11 – Air France/Folkerts) hat
er sodann das Vorabentscheidungsersuchen mit Rücksicht auf dieses Urteil
wieder zurückgenommen.
Nunmehr hat der Bundesgerichtshof die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
Wie bereits in seinem Urteil vom 7. Mai 2013 (X ZR 127/11) hat er die
Klageforderung für begründet erachtet, weil nach der Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Union den Fluggästen eines verspäteten, wie im
Streitfall in den Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung fallenden
Flugs ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 zusteht, soweit sie wie die Kläger
infolge der Flugverspätung ihr individuelles Endziel mit einer Verspätung
von mindestens drei Stunden erreichen. Dies gilt auch, wenn die verspätete
Ankunft am Endziel darauf beruht, dass infolge der Flugverspätung ein selbst
nicht verspäteter Anschlussflug verpasst wird. Bedenken gegen diese
Auslegung der Fluggastrechteverordnung ergeben sich weder aus dem
Primärrecht der Europäischen Union noch aus dem Grundgesetz.
Bundesgerichtshof
Urteil vom 17. September 2013 – X ZR 123/10
*Art. 7 der Verordnung [Ausgleichsanspruch]
(1) Wird auf diesen
Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in
folgender Höhe: …
c) 600 Euro bei allen nicht unter Buchstabe a oder b fallenden Flügen. …
**Art. 6 der Verordnung [Verspätung]
(1) Ist für ein
ausführendes Luftfahrtunternehmen nach vernünftigem Ermessen absehbar, dass
sich der Abflug
a) bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger um zwei
Stunden oder mehr oder
b) bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr
als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1
500 und 3 500 km um drei Stunden oder mehr oder
c) bei allen nicht unter Buchstabe a oder b fallenden Flügen um vier Stunden
oder mehr
gegenüber der planmäßigen Abflugzeit verzögert, so werden den Fluggästen vom
ausführenden Luftfahrtunternehmen
i) die Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a und
Absatz 2 angeboten,
ii) wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit erst am Tag
nach der zuvor angekündigten Abflugzeit liegt, die Unterstützungsleistungen
gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b und c angeboten und,
iii) wenn die Verspätung mindestens fünf Stunden beträgt, die
Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a angeboten.
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