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Teilzeitbeschäftigte dürfen nicht schlechter behandelt werden, wenn es darum geht, eine erhöhte Vergütung wegen Überschreitung einer bestimmten Zahl an Arbeitsstunden zu erhalten. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil entschieden, worauf der VDAA – Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte hinweist.
Geklagt hatte ein deutscher Pilot, der als Teilzeitbeschäftigter bei einer deutschen Airline beschäftigt ist. Sein Arbeitsvertrag sieht vor, dass er eine Grundvergütung erhält, die sich an der Flugdienstzeit orientiert. Darüber hinaus kann er eine zusätzliche Vergütung erhalten, wenn er eine bestimmte Zahl an Flugdienststunden im Monat leistet und dabei festgelegte Schwellenwerte überschreitet. Diese Schwellenwerte sind allerdings für vollzeit- und teilzeitbeschäftigte Piloten gleich. Daher fühlte sich der Kläger benachteiligt und forderte, dass die Schwellenwerte unter Berücksichtigung der von ihm geleisteten Stundenzahl aufgrund seiner Teilzeittätigkeit herabgesetzt werden.
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in dem Rechtsstreit um ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet. Es wollte wissen, ob eine nationale Regelung, nach der ein Teilzeitbeschäftigter die gleiche Zahl Arbeitsstunden wie ein Vollzeitbeschäftigter leisten muss, um eine zusätzliche Vergütung zu erhalten, eine Diskriminierung darstellt, die nach dem Unionsrecht verboten ist.
Der Gerichtshof hat dies bejaht. Er stellte zunächst fest, dass die teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer während der Zeit ihrer Beschäftigung die gleichen Aufgaben wahrnehmen wie die vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer oder die gleiche Arbeitsstelle wie diese bekleiden. Damit ist die Situation beider Arbeitnehmerkategorien vergleichbar. Das nationale Gericht wird diesen Aspekt jedoch noch zu überprüfen haben.
Der Gerichtshof stellte sodann fest, dass das Bestehen identischer Schwellenwerte für die Auslösung einer zusätzlichen Vergütung für teilzeitbeschäftigte Piloten gemessen an ihrer Gesamtarbeitszeit einen längeren Flugstundendienst als für vollzeitbeschäftigte Piloten bedeutet. Teilzeitkräfte werden damit in höherem Maß belastet und sie werden die Anspruchsvoraussetzungen für die zusätzliche Vergütung weitaus seltener erfüllen als ihre vollzeitbeschäftigten Kollegen. Eine solche (nationale) Regelung führt daher zu einer schlechteren Behandlung der teilzeitbeschäftigten Piloten, was gegen das Unionsrecht verstößt – es sei denn, diese Behandlung ist durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt.
Das Bundesarbeitsgericht wird auch diesen letzteren Aspekt zu prüfen haben. Dabei wird es die Vorbehalte des Gerichtshofs gegenüber den Rechtfertigungsgründen insbesondere der Fluggesellschaft zu berücksichtigen haben.
Europäischer Gerichtshof
Urteil vom 19. Oktober 2023 – C-660/20