Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Rechte des Käufers eines Gebrauchtwagens
gestärkt. Somit muss der Verkäufer nun den Beweis erbringen, dass ein vom
Kunden nach dem Kauf beanstandeter Schaden am Fahrzeug nicht bereits von
Anfang an vorgelegen hat, sondern erst durch die spätere Nutzung durch den
Käufer aufgetreten ist. Gelingt ihm dies nicht, gilt zumindest die
Vermutung, dass der Schaden im Ansatz bereits bestanden hat. Damit kann der
Kunde vom Kauf des Gebrauchtwagens zurücktreten.
Zum Hintergrund: Der Kläger kaufte einen gebrauchten BMW 525d Touring für
16.200 Euro. Nach knapp fünf Monaten und einer vom Kläger absolvierten
Laufleistung von rund 13.000 Kilometern schaltete die Automatikschaltung in
der Einstellung “D” nicht mehr selbständig in den Leerlauf. Stattdessen
starb der Motor ab. Ein Anfahren oder Rückwärtsfahren bei Steigungen war
nicht mehr möglich. Nach erfolgloser Fristsetzung zur Mangelbeseitigung trat
der Kläger vom Kaufvertrag zurück und verlangte die Rückzahlung des
Kaufpreises und den Ersatz geltend gemachter Schäden.
Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Zwar seien die
aufgetretenen Symptome nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten
Sachverständigen auf eine zwischenzeitlich eingetretene Schädigung des
Freilaufs des hydrodynamischen Drehmomentwandlers zurückzuführen, auch sei
es grundsätzlich möglich, dass der Freilauf schon bei der Übergabe des
Fahrzeugs mechanische Veränderungen aufgewiesen habe, die im weiteren
Verlauf zu dem eingetretenen Schaden geführt haben könnten. Nachgewiesen sei
dies jedoch nicht. Vielmehr komme als Ursache auch eine Überlastung des
Freilaufs, mithin ein Bedienungsfehler des Klägers nach Übergabe in Betracht.
Im Revisionsverfahren passte der Bundesgerichtshof seine bislang
entwickelten Grundsätze laut Bürgerlichem Gesetzbuch (§ 476 BGB) an
zwischenzeitlich ergangene Urteile des Europäischen Gerichtshofs an. Folge
dieser geänderten Auslegung ist eine im größeren Maß als bisher angenommene
Verschiebung der Beweislast vom Käufer auf den Verkäufer beim
Verbrauchsgüterkauf.
Der Verkäufer hat somit den Nachweis zu erbringen, dass die aufgrund eines
binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang eingetretenen mangelhaften Zustands
eingreifende gesetzliche Vermutung, bereits zum Zeitpunkt des
Gefahrübergangs habe – zumindest ein in der Entstehung begriffener –
Sachmangel vorgelegen, nicht zutrifft. Er hat also darzulegen und
nachzuweisen, dass ein Sachmangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs noch
nicht vorhanden war, weil sie ihren Ursprung in einem Handeln oder
Unterlassen nach diesem Zeitpunkt hat und ihm damit nicht zuzurechnen ist.
Der BGH hat also das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen
Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Insbesondere gilt es aufgrund der neuen Grundsätze zu prüfen, ob der
beklagten Gebrauchtwagenhändler der Nachweis gelungen ist, dass der akut
aufgetretene Schaden zum Zeitpunkt des Verkaufs (“Gefahrübergangs”) auch
nicht im Ansatz vorlag, sondern auf eine nachträgliche Ursache wie einen
Bedienungsfehler zurückzuführen ist.
Bundesgerichtshof
Urteil vom 12. Oktober 2016 – VIII ZR 103/15
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