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Der Vorsitz im Betriebsrat steht einer Wahrnehmung der Aufgaben des Beauftragten für den Datenschutz typischerweise entgegen. Der Arbeitgeber ist daher berechtigt, die Bestellung zum Datenschutzbeauftragten zu widerrufen. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Der Kläger ist für seine Funktion als Vorsitzender des Betriebsrats teilweise von der Arbeit freigestellt. Mit Wirkung zum 1. Juni 2015 wurde er von seinem Arbeitgeber und dessen in Deutschland ansässigen Tochtergesellschaften zum Datenschutzbeauftragten bestellt. Auf Veranlassung des Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit widerrief das Unternehmen die Bestellung am 1. Dezember 2017 wegen einer Inkompatibilität der Ämter mit sofortiger Wirkung. Hintergrund war die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die am 27. April 2016 vom Europäischen Parlament und Rat beschlossen wurde.

Der Kläger machte geltend, seine Rechtsstellung als betrieblicher Datenschutzbeauftragter bestehe unverändert fort. Der Arbeitgeber sah wiederum Interessenkonflikte bei der Wahrnehmung der Aufgaben als Datenschutzbeauftragter und Betriebsratsvorsitzender und bekam vor dem Bundesarbeitsgericht Recht. Aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sei ein abberufungsrelevanter Interessenkonflikt anzunehmen, “wenn der Datenschutzbeauftragte innerhalb einer Einrichtung eine Position bekleidet, die die Festlegung von Zwecken und Mitteln der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand hat. Dabei sind alle relevanten Umstände des Einzelfalls zu würdigen”, so das Gericht.

Personenbezogene Daten dürfen dem Betriebsrat nur zu Zwecken zur Verfügung gestellt werden, die das Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich vorsieht. Der Betriebsrat entscheidet durch Gremiumsbeschluss darüber, unter welchen konkreten Umständen er in Ausübung seiner gesetzlichen Aufgaben welche personenbezogenen Daten vom Arbeitgeber fordert und auf welche Weise er diese anschließend verarbeitet. In diesem Rahmen legt er die Zwecke und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten fest. Daher können die Aufgaben eines Betriebsratsvorsitzenden und eines Datenschutzbeauftragten typischerweise durch dieselbe Person ohne Interessenkonflikt ausgeübt werden, so das Gericht.

Inwieweit jedes an der Entscheidung mitwirkende Mitglied des Gremiums als Datenschutzbeauftragter die Einhaltung der gesetzlichen Pflichten des Datenschutzes hinreichend unabhängig überwachen kann, bedurfte keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls die hervorgehobene Funktion des Betriebsratsvorsitzenden, der den Betriebsrat im Rahmen der gefassten Beschlüsse vertritt, hebt die zur Erfüllung der Aufgaben eines Datenschutzbeauftragten erforderliche Zuverlässigkeit auf.

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 6. Juni 2023 – 9 AZR 383/19