Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dem Gerichtshof der Europäischen Union eine
Frage zur Auslegung des Art. 7 der europäischen Fluggastrechteverordnung
(Verordnung (EG) 261/2004) vorgelegt.

Im Ausgangsfall beanspruchen die Kläger Ausgleichszahlungen in Höhe von
jeweils 400 Euro wegen eines verspäteten Flugs gemäß der
Fluggastrechteverordnung (nach Art. 7 Abs. 1b). Sie buchten bei einem
Reiseveranstalter eine Pauschalreise mit Flügen von Hamburg über Las Palmas
nach Fuerteventura. Der Flug von Hamburg nach Las Palmas, der von der
Beklagten durchgeführt wurde, sollte um 12.40 Uhr starten und um 16.30 Uhr
landen. Im Anschluss sollten die Kläger um 17.30 Uhr mit einer anderen
Fluggesellschaft weiter fliegen. Der Flug kam in Las Palmas mit einer
Verspätung von etwa 20 Minuten an, woraufhin die Kläger den Anschlussflug
verpassten und Fuerteventura erst mit einer Verspätung von etwa 14 Stunden
erreichten.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die
Voraussetzungen für eine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung
– eine Verspätung am Zielort von drei Stunden oder mehr – verneint. Der
erste Flug sei nur geringfügig verspätet angekommen. Für die
Gesamtverspätung habe die beklagte Fluggesellschaft nicht einzustehen, weil
sie den Anschlussflug nicht durchgeführt und keinen Einfluss auf die
Koordination der beiden Flüge durch den Reiseveranstalter gehabt habe. Der
Fluggast werde dadurch aber nicht schutzlos gestellt, da ihm
Gewährleistungsansprüche gegen den Reiseveranstalter zustehen könnten.

Der Bundesgerichtshof sieht die Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch
in dieser Konstellation noch nicht hinreichend geklärt. Deshalb hat er den
für die Auslegung der Fluggastrechteverordnung zuständigen Gerichtshof der
Europäischen Union (EuGH) um Vorabentscheidung ersucht.

Voraussetzung für einen Ausgleichsanspruch ist nach der Rechtsprechung des
EuGH eine Verspätung von drei Stunden oder mehr am Endziel, also dem Zielort
auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein. Bei direkten
Anschlussflügen ist der Zielort des letzten Fluges maßgebend.

Nicht hinreichend geklärt ist die Frage, ob ein Ausgleichsanspruch
zusätzlich voraussetzt, dass das die Verspätung verursachende
Luftfahrtunternehmen einen Flugschein oder eine Buchungsbestätigung für
beide Flüge ausgegeben hat, oder ob es ausreicht, wenn eine entsprechende
Buchungsbestätigung durch einen Reiseveranstalter erteilt wird. Der
Gerichtshof der Europäischen Union hat sich bisher nur mit der zuerst
genannten Fallkonstellation befasst.

Der BGH neigt dazu, einen Ausgleichsanspruch auch in der zweiten
Konstellation zu bejahen. Da sich dieses Ergebnis aus dem maßgeblichen
europäischen Recht aber nicht hinreichend sicher ableiten lässt, hat er dem
Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Vorabentscheidung
vorgelegt: Kann ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 der Verordnung auch dann
bestehen, wenn ein Fluggast wegen einer relativ geringfügigen
Ankunftsverspätung einen direkten Anschlussflug nicht erreicht und dies eine
Verspätung von drei Stunden und mehr am Endziel zur Folge hat, die beiden
Flüge aber von unterschiedlichen Luftfahrtunternehmen ausgeführt wurden und
die Buchungsbestätigung durch ein Reiseunternehmen erfolgte, das die Flüge
für seinen Kunden zusammengestellt hat?

Bundesgerichtshof
Beschluss vom 19. Juli 2016 – X ZR 138/15

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