Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist nach sechs Monaten, also nach dem
Erwerb des Sonderkündigungsschutzes für behinderte Menschen, die Frage des
Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung zulässig. Das gilt insbesondere zur
Vorbereitung von beabsichtigten Kündigungen.

Der mit einem GdB von 60 schwerbehinderte Kläger stand seit dem 1. November
2007 in einem bis zum 31. Oktober 2009 befristeten Arbeitsverhältnis. Am 8.
Januar 2009 wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das
Vermögen der Arbeitgeberin bestellt. Während des
Insolvenzeröffnungsverfahrens erbat der Beklagte in einem Fragebogen zur
Vervollständigung bzw. Überprüfung der ihm vorliegenden Daten ua. Angaben
zum Vorliegen einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung mit einem
Schwerbehinderten. Der Kläger verneinte seine Schwerbehinderung. Nach
Eröffnung des Insolvenzverfahrens kündigte der Beklagte als
Insolvenzverwalter am 26. Mai 2009 dem Kläger zum 30. Juni 2009.

Der Kläger, der in der Klageschrift vom 9. Juni 2009 seine Schwerbehinderung
mitgeteilt hat, hält die Kündigung vom 26. Mai 2009 für unwirksam, weil das
Integrati­onsamt ihr nicht zugestimmt habe. Das Arbeitsgericht ist dem
gefolgt und hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat dagegen
angenommen, der Kläger könne sich auf den Kündigungsschutz für
Schwerbehinderte nicht berufen, weil er die Frage nach der Schwerbehinderung
wahrheitswidrig verneint habe.

Die Revision des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des
Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Frage nach der Schwerbehinderung im
Vorfeld einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigung steht im Zusammenhang
mit der Pflichtenbindung des Arbeitgebers durch die Anforderungen des § 1
Abs. 3 KSchG, der die Berücksichtigung der Schwerbehinderung bei der
Sozialauswahl verlangt, sowie durch den Sonderkündigungsschutz nach § 85 SGB
IX, wonach eine Kündigung der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes
bedarf. Sie soll es dem Arbeitgeber ermöglichen, sich rechtstreu zu
verhalten. Die Frage diskriminiert behinderte Arbeitnehmer nicht gegenüber
solchen ohne Behinderung. Auch datenschutzrechtliche Belange stehen der
Zulässigkeit der Frage nicht entgegen. Infolge der wahrheitswidrigen
Beantwortung der ihm rechtmäßig gestellten Frage nach seiner
Schwerbehinderung ist es dem Kläger unter dem Gesichtspunkt
widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, sich im Kündigungsschutzprozess auf
seine Schwerbehinderteneigenschaft zu berufen.

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 16. Februar 2012 – 6 AZR 553/10