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Das Arbeitsrecht der Kirchen in Deutschland unterscheidet sich in so manchen Bestimmungen von denen für sonstige Arbeitnehmer. Gerade in der Frage der Konfessionszugehörigkeit ist es dabei in jüngerer Vergangenheit häufiger zu Gerichtsverfahren gekommen. Nun hat das Bundesarbeitsgericht den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um die Auslegung des Unionsrechts zu einer solchen Frage ersucht.

Der beklagte Arbeitgeber ist ein Frauen- und Fachverband in der katholischen Kirche in Deutschland, der sich der Hilfe für Kinder, Jugendliche, Frauen und ihre Familien in besonderen Lebenslagen widmet. Die Klägerin ist dort seit dem Jahr 2006 in der Schwangerschaftsberatung beschäftigt. Von Juni 2013 bis zum 31. Mai 2019 befand sie sich in Elternzeit. Im Oktober 2013 erklärte sie vor einer kommunalen Behörde ihren Austritt aus der katholischen Kirche. Nach Beendigung der Elternzeit kündigte ihr der Arbeitgeber am 1. Juni 2019 außerordentlich ohne Einhaltung einer Frist und hilfsweise ordentlich zum 31. Dezember 2019. Zuvor hatte er erfolglos versucht, die Frau zum Wiedereintritt in die katholische Kirche zu bewegen.

Zum Zeitpunkt der Kündigung beschäftigte der Fachverband in der Schwangerschaftsberatung vier Arbeitnehmerinnen, die der katholischen Kirche, und zwei Arbeitnehmerinnen, die der evangelischen Kirche angehörten.

Die Vorinstanzen haben beide Kündigungen für unwirksam gehalten. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat das Verfahren über die Revision des Beklagten ausgesetzt und den EuGH um die Beantwortung von Fragen zur Auslegung des Unionsrechts ersucht. So steht die Frage im Raum, ob der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis allein aufgrund der Beendigung der Mitgliedschaft zur katholischen Kirche kündigen darf, wenn er von den bei ihm tätigen Arbeitnehmern nicht verlangt, dass sie explizit der katholischen Kirche angehören. Es bedarf also der Klärung, ob die Ungleichbehandlung der Klägerin mit Arbeitnehmern, die niemals Mitglied der katholischen Kirche waren, vor dem Hintergrund des durch Art. 10 Abs. 1, Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Richtlinie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf gewährleisteten Schutzes vor Diskriminierungen unter anderem wegen der Religion gerechtfertigt sein kann.

Bundesarbeitsgericht
Beschluss vom 1. Februar 2024 – 2 AZR 196/22 (A)