Das Oberlandesgericht Düsseldor hat jüngst klargestellt, dass ein
Geschädigter sein Fahrzeug im Totalschadenfall zu dem Restwert verkaufen
kann, den der von ihm beauftragte Sachverständige ermittelt, ohne abwarten
zu müssen, ob der Versicherer des Unfallgegners nach Empfang des
Schadensgutachtens ein höheres Restwertangebot übermittelt. Diese Ansicht
entspricht auch der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, war
jedoch zuletzt durch das Oberlandesgericht Köln in Zweifel gezogen worden.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte daher Grund, sich nochmals mit den
hierzu ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes und den Argumenten
des Oberlandesgerichts Köln auseinanderzusetzen.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf betont, dass es Sache des Geschädigten sei,
wie er mit seinem beschädigten Fahrzeug verfährt. Seine Verwertungsfreiheit
erstreckt sich nicht nur auf das Ob, sondern auch auf den Zeitpunkt der von
ihm beabsichtigten Veräußerung. Es stellt keinen Verstoß gegen die
Schadenminderungspflicht dar, wenn er seine Verkaufsabsicht alsbald nach dem
Unfall in die Tat umsetzt, sei es durch einen freien Verkauf, sei es durch
eine Inzahlungnahme. Für eine zügige Veräußerung gibt es eine Reihe von
Gründen, u.a. kann der Geschädigte somit frühzeitig in den Besitz eines
Ersatzfahrzeuges gelangen und damit den Ausfallzeitraum verkürzen. Außerdem
stellt sich die Frage, wie lange eine etwaige Wartezeit zu bemessen wäre.
Die Selbstverwertungsfreiheit des Geschädigten wäre unangemessen
beeinträchtigt, wenn der Versicherer es in der Hand hätte, durch die Dauer
seiner Restwertrecherche mit anschließender Unterrichtung des Geschädigten
den frühesten Zeitpunkt einer Eigenverwertung zu bestimmen. Der Geschädigte
weiß nicht einmal, ob der Versicherer in dieser Hinsicht überhaupt aktiv
wird.

Nachdem das (falsche und überdies schlecht begründete) Urteil des
Oberlandesgerichts Köln kurz für Aufsehen gesorgt hatte, hat das
Oberlandesgericht Düsseldorf erfreulicherweise schnell für Klarheit gesorgt.
Leider finden sich immer wieder auch in Schadengutachten der Sachverständige
Formulierungen, die vorschreiben, empfehlen oder suggerieren, der
Geschädigte müsse sich vor dem Verkauf des Unfallfahrzeuges mit der
Versicherung des Unfallgegners in Verbindung setzen. Dies ist schlichtweg
falsch. Es besteht nicht einmal die Pflicht, vor der Veräußerung das
Gutachten an die Versicherung zu versenden, wenngleich bedacht werden
sollte, dass solange die Versicherung das Gutachten nicht erhält (und nicht
prüfen kann), sicher auch kein Geld fließt.

Kommentierung des Urteils des OLG Düsseldorf vom 19.12.2005, I-1 U 128/05,
durch unseren Fachanwalt für Verkehrsrecht Ralf Rütter