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Einzelunternehmer können von der Pflicht zur Abgabe einer elektronischen Einkommensteuererklärung befreit sein. Wenn etwa der finanzielle Aufwand für die Einrichtung und Aufrechterhaltung einer digitalen Datenfernübertragung in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu den Einkünften steht, die die Pflicht zur elektronischen Erklärungsabgabe auslösen. Das hat der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH)  entschieden.

Der Kläger war seit 2006 selbständiger Physiotherapeut. Mitarbeiter und Praxis- beziehungsweise Büroräume hatte er nicht, ebenso wenig einen Internetzugang. Bis einschließlich 2016 veranlagte ihn das Finanzamt  auf der Grundlage der handschriftlich ausgefüllten amtlichen Erklärungsvordrucke zur Einkommensteuer. Für das Streitjahr 2017 forderte es den Kläger mehrfach erfolglos zur elektronischen Übermittlung der Einkommensteuererklärung auf und setzte daraufhin ein Zwangsgeld gegen ihn fest. Seinen Antrag, von der Verpflichtung zur elektronischen Erklärungsabgabe befreit zu werden, lehnte das Finanzamt ab.

Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht verpflichtete das Finanzamt, auf die elektronische Erklärungsabgabe zu verzichten, und hob die Festsetzung des Zwangsgeldes auf. Der BFH bestätigte die Entscheidung im Revisionsverfahren.

Gemäß dem Einkommensteuergesetz muss die Finanzbehörde auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichten, wenn eine solche Erklärungsabgabe für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. (§ 150 Abs. 8 Satz 1 AO i.V.m. § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG)

Wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt insbesondere vor, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre. Ob dieser Aufwand anzunehmen ist, kann nur unter Berücksichtigung der betrieblichen Einkünfte des Steuerpflichtigen entschieden werden. Denn die Härtefallregelung soll Kleinstbetriebe privilegieren.

Da der Kläger im Streitjahr nur 14.534 Euro aus seiner selbstständigen Arbeit erzielt hatte, ging der BFH von einer einem Kleinstbetrieb vergleichbaren Situation aus. Die elektronische Erklärungsabgabe konnte daher nicht rechtmäßig angeordnet werden und so auch das Zwangsgeld zu ihrer Durchsetzung keinen Bestand haben.

Bundesfinanzhof
Urteil vom 16. Juni 2020 – VIII R 29/19