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Ein Sicherheitsdienstleister am Flughafen Düsseldorf hatte im Zeitraum vom 25. November bis zum 22. Dezember 2020 insgesamt 34 Kündigungen aus krankheitsbedingten Gründen ausgesprochen. Als Massenentlassung wurde dieses Vorgehen vom Arbeitgeber, der mehr als 500 Beschäftigte zählt, bei der Agentur für Arbeit nicht angezeigt. Hiergegen wandte sich ein Arbeitnehmer erfolgreich mit einer Kündigungsschutzklage.

Der Kläger war in den Jahren 2018 bis 2020 an vielen Kalendertagen arbeitsunfähig erkrankt: 2018 an 61 Tagen, 2019 an 74 Tagen und 2020 an 45 Tagen. Das Unternehmen kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers am 27. November 2020 zum 30. April 2021 sowie ein weiteres Mal zum 30. Juni 2021.

Beide Kündigungen hielt der klagende Arbeitnehmer für unwirksam. Hinsichtlich der ersten Kündigung fehle es bereits an einer Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit gemäß § 17 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG). Dort heißt es unter anderem, dass für Betriebe mit mindestens 500 Arbeitnehmern in der Regel die Anzeigepflicht bei der Arbeitsagentur besteht, wenn mindestens 30 Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entlassen werden. Die Sicherheitsfirma hielt eine Massenentlassungsanzeige bei krankheitsbedingten Kündigungen nicht für erforderlich. Die überdurchschnittlichen Fehlzeiten des Klägers indizierten eine negative Gesundheitsprognose. Dessen Ausfallzeiten hätten zu erheblichen wirtschaftlichen Belastungen und Störungen im Betriebsablauf geführt. Der Kläger widersprach: Seine Erkrankungen seien vollständig ausgeheilt.

Die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf hat der Kündigungsschutzklage ebenso wie das Arbeitsgericht Düsseldorf stattgegeben, weil beide Kündigungen rechtsunwirksam sind. Die erste Kündigung scheitert bereits an der fehlenden Massenentlassungsanzeige. Nach dem Wortlaut, der Systematik und dem Sinn und Zweck von § 17 KSchG besteht die Anzeigepflicht gegenüber der Agentur für Arbeit auch bei krankheitsbedingten Massenentlassungen. Die ausdrückliche Anregung im Gesetzgebungsverfahrens, personen- und verhaltensbedingte Entlassungen von der Anzeigepflicht auszunehmen, hat der Gesetzgeber nicht aufgegriffen.

Unabhängig davon sind beide Kündigungen unwirksam, weil sie nicht die vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Anforderungen für krankheitsbedingten Kündigungen aufgrund häufiger Kurzzeiterkrankungen erfüllen. Die konkreten Krankheitszeiten, die in 2020 wieder abfallen, begründen nicht die notwendige negative Gesundheitsprognose. Der Beklagten unzumutbare wirtschaftliche Belastungen liegen nicht vor. Diese musste nur in einem Jahr Entgeltfortzahlungskosten von mehr als 42 Tagen aufwenden. Die aufgrund von krankheitsbedingten Ausfällen auch kurzfristig erforderliche Anpassung des Dienstplans alleine begründet keine erhebliche Betriebsablaufstörung. Es handelt sich um eine Maßnahme, die im Rahmen der Erfahrung aus jedem krankheitsbedingten Arbeitsausfall liegt.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen, weil beide Kündigungen bereits auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu häufigen Kurzzeiterkrankungen unwirksam sind. Es sind am Landesarbeitsgericht Düsseldorf weitere zumindest teilweise parallel gelagerte Kündigungsschutzverfahren anhängig, denen teilweise ebenfalls bereits stattgegeben wurde.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil vom 15. Oktober 2021 – 7 Sa 405/21