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Männer und Frauen haben bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit Anspruch auf gleiches Entgelt. Klagt eine Arbeitnehmerin auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, begründet der Umstand, dass ihr Entgelt geringer ist als das eines männlichen Kollegen, der die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtet, regelmäßig die Vermutung, dass diese Benachteiligung wegen des Geschlechts erfolgt ist. Kann der Arbeitgeber die aus einem Paarvergleich folgende Vermutung einer Benachteiligung wegen des Geschlechts nicht widerlegen, ist er zur Zahlung des Entgelts verpflichtet, das er dem zum Vergleich herangezogenen Kollegen gezahlt hat. Dies gibt die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union vor.

In diesem Fall hatte die Klägerin zur Begründung ihrer Ansprüche unter anderem auf Angaben ihres Arbeitgebers in einem sogenannten Dashboard gestützt, welches im Intranet der Erteilung von Auskünften im Sinne des Entgelttransparenzgesetzes dient. Das Einkommen der von der Arbeitnehmerin zum Vergleich herangezogenen Kollegen liegt über dem Medianentgelt aller in derselben Hierarchieebene angesiedelten männlichen Arbeitnehmer. Ihr Arbeitgeber hat geltend gemacht, dass die zum Vergleich herangezogenen Kollegen nicht die gleiche oder gleichwertige Arbeit wie die Klägerin verrichten. Zudem beruhe die unterschiedliche Entgelthöhe auf Leistungsmängeln der Klägerin. Aus diesem Grund werde ihr auch unterhalb des Medianentgelts der weiblichen Vergleichsgruppe vergütet.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat die auf einen Ausgleich der Entgeltdifferenz zu den benannten Vergleichspersonen gerichteten Hauptanträge abgewiesen. Es hat insoweit angenommen, die Klägerin könne sich für die Vermutung einer Entgeltbenachteiligung nicht auf eine einzige Vergleichsperson des anderen Geschlechts berufen. Angesichts der Größe der männlichen Vergleichsgruppe und der Medianentgelte beider vergleichbarer Geschlechtergruppen bestehe keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine geschlechtsbedingte Benachteiligung und damit kein Indiz auf eine Verletzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Die Klägerin habe aber hinsichtlich einzelner Vergütungsbestandteile einen Anspruch in Höhe der Differenz zwischen dem Medianentgelt der weiblichen und dem der männlichen Vergleichsgruppe.

Das Bundesarbeitsgerichts hat im Revisionsverfahren das Urteil des Landesarbeitsgerichts teilweise aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Über die auf einen Paarvergleich gestützten Hauptanträge kann noch nicht abschließend entschieden werden.

Entgegen der Annahme des LAG bedarf es bei einer Entgeltgleichheitsklage keiner überwiegenden Wahrscheinlichkeit für eine geschlechtsbedingte Benachteiligung. Ein solches Erfordernis wäre mit den Vorgaben des primären Unionsrechts unvereinbar. Für die – vom Arbeitgeber zu widerlegende – Vermutung einer Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts genügt es, wenn die klagende Arbeitnehmerin darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass ihr Arbeitgeber einem anderen Kollegen, der gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtet, ein höheres Entgelt zahlt. Die Größe der männlichen Vergleichsgruppe und die Höhe der Medianentgelte beider Geschlechtsgruppen ist für das Eingreifen der Vermutungswirkung ohne Bedeutung. Die Klägerin hat – unter Verweis auf die Angaben im Dashboard – in Bezug auf eine Vergleichsperson hinreichende Tatsachen vorgetragen, die eine geschlechtsbedingte Entgeltbenachteiligung vermuten lassen.

Das Landesarbeitsgericht wird im fortgesetzten Berufungsverfahren zu prüfen haben, ob der beklagte Arbeitgeber diese Vermutung – ungeachtet der Intransparenz seines Entgeltsystems – widerlegt hat.

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 23. Oktober 2025 – 8 AZR 300/24