Ein Rechtsanwalt muss eine Robe tragen, wenn er in Ausübung seiner
beruflichen Tätigkeit vor dem Amtsgericht Augsburg in Zivilsachen auftritt.
Das zuständige Landgericht Augsburg hat damit die Klage eines Rechtsanwalts
aus München, der vom Freistaat Bayern im Wege der Amtshaftung einen Betrag
in Höhe von 770,50Euro als Schadensersatz begehrte, in erster Instanz
abgewiesen.

Der klagende Rechtsanwalt hat mit seinem Mandanten am 10. November 2014 vor
besagtem Amtsgericht – Zivilgericht – einen Termin wahrgenommen und war ohne
Robe erschienen. Als Begründung gab er an, er habe keine Robe dabei. Der
Amtsrichter weigerte sich daraufhin, die Verhandlung durchzuführen und
beraumte als neuen Termin den 22. Dezember 2014 an. Der Kläger sieht in dem
Verhalten des Richters eine schadensersatzbegründende Amtspflichtverletzung.
Nach seiner Auffassung bestehe für Rechtsanwälte keine Pflicht zum
Erscheinen in Robe vor den Amtsgerichten in Zivilsachen. Dies komme auch in
§ 20 BORA (Berufsordnung der Rechtsanwälte) zum Ausdruck. Ein eventuell
früher insoweit bestehendes Gewohnheitsrecht habe sich geändert. Durch die
unberechtigte Weigerung des Richters, die Verhandlung ohne Robe
durchzuführen, sei ihm ein Schaden durch zusätzliche Reisekosten sowie
Verdienstausfall entstanden.

Das Landgericht Augsburg hat die Klage abgewiesen. Es würde dem
Gewohnheitsrecht entsprechen, dass vor den Gerichten – auch am Amtsgericht
Augsburg in Zivilsachen – auch Anwälte (nicht nur Richter und Staatsanwälte)
eine Robe tragen müssten. Diese Verpflichtung gelte für Amtsgericht und
Landgericht gleichermaßen. Durch die Amtstracht würden Richter wie
Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege kenntlich gemacht. Die Person
trete dabei hinter den Dienst an Gesetz und Recht zurück.

Dass bei den Landgerichten Anwaltszwang herrsche, bei den Amtsgerichten
dagegen nicht, rechtfertige keine Differenzierung, so die weitere
Begründung. Es erscheine im Gegenteil gerade vor Amtsgerichten wichtig, dass
Rechtsanwälte durch das Tragen einer Robe als Organe der Rechtspflege
kenntlich gemacht würden. An diesem Gewohnheitsrecht habe sich auch bis
heute, jedenfalls am Amtsgericht Augsburg, nichts geändert. Zwar sei das
Gewohnheitsrecht als gewachsenes Recht äußeren Einwirkungen ausgesetzt und
einer inhaltlichen Weiterentwicklung zugänglich. Dabei komme es aber auf die
Erwartungen und Vorstellungen aller Verfahrensbeteiligten, also nicht nur
der Rechtsanwälte, sondern auch auf die Erwartungen der Gerichte an.

Die vom Kläger behauptete Änderung des Gewohnheitsrechts habe er vor dem
Gericht nicht näher dargelegt. Alleine die behauptete Tatsache, dass der
Kläger, der überwiegend vor den Landgerichten auftrete, noch nie von einem
Richter am Amtsgericht Augsburg wegen des Fehlens der Robe gerügt worden
sei, begründe noch keine Änderung des Gewohnheitsrechts. Es handele sich
vielmehr um möglicherweise erfolgte Ausnahmen, die die Regel bestätigen
würden. Des Weiteren heißt es in der Urteilsbegründung: Soweit sich der
Kläger auf die am Amtsgericht München bestehende Übung, in Zivilsachen keine
Robe zu tragen, beziehe, handele es sich um eine auf das Amtsgericht München
beschränkte Ausnahme, die sich nach Kenntnis des Gerichts an anderen
Bayerischen Amtsgerichten, jedenfalls am Amtsgericht Augsburg, nicht
durchgesetzt habe.

Etwas anderes würde sich auch nicht aus § 20 BORA ergeben. Denn die Frage,
ob die Rechtsanwälte in der mündlichen Verhandlung vor Gericht eine
Amtstracht zu tragen haben, sei keine Frage, die ausschließlich oder auch
nur überwiegend zum Berufsrecht der Anwaltschaft gehöre. In erster Linie
handele es sich hierbei um einen Gegenstand des Gerichtsverfassungsrechts.
Das Amtsgericht Augsburg habe daher zu Recht den Kläger als
Prozessbevollmächtigten für den anberaumten Verhandlungstermin
zurückgewiesen. Der Amtsrichter habe somit keine Amtspflichtverletzung
begangen, sodass der Kläger keinen Schadensersatz verlangen könne.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es besteht für den Kläger die
Möglichkeit der Berufung zum Oberlandesgericht München.

Landgericht Augsburg
Urteil vom 30. Juni 2015 – 031 O 4554/14