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Wer mit einem äußerst scharfen Filetiermesser hantiert, muss besonders sorgfältig agieren, um Verletzungen von Kollegen auszuschließen. Nicht jeder Fehlgebrauch rechtfertigt aber eine Kündigung ohne vorherige einschlägige Abmahnung. Dies zeigt ein Fall, der am Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein verhandelt wurde.

Der 29-jährige Kläger war nicht in einer Küche, sondern als Industriemechaniker beschäftigt. Mit zwei Kollegen arbeitete er einen Tag an einem Probierstand, wo es zu dem strittigen Vorfall gekommen sei. So wurde ihm vorgeworfen, dort der Kollegin ein Filetiermesser mit einer Klingenlänge von 20 Zentimeter mit einem Abstand von zehn bis 20 Zentimeter an den Hals gehalten und damit ihr Leib und Leben bedroht zu haben. Der Arbeitgeber kündigte ihm daraufhin fristlos und hilfsweise fristgerecht.

Die Kündigungsschutzklage des Klägers war in zwei Instanzen erfolgreich. Sowohl die außerordentliche als auch die ordentliche Kündigung sind unwirksam. Es fehlt an einem hinreichenden Kündigungsgrund.

Zwar kommt eine ernstliche Drohung eines Mitarbeiters mit Gefahren für Leib oder Leben unter anderem von Arbeitskollegen als “an sich” wichtiger Grund für eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung in Betracht. Dies setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer mit dem Willen handelt, dass der Kollege die Drohung zur Kenntnis nimmt und als ernst gemeint auffasst.

Selbst den Vortrag des Arbeitgebers als zutreffend unterstellt, konnte in diesem Fall jedoch nicht zur Überzeugung des Gerichts auf einen bedingten Vorsatz beim Kläger geschlossen werden. Vielmehr sei es auch möglich, dass der Kläger das Messer schlicht in der rechten Hand haltend sich mit dem Oberkörper zur Mitarbeiterin gedreht habe und bei dieser Drehbewegung dessen rechte Hand mit dem Messer nahe an deren Hals gelangt sei.

Die Kündigungen können aber auch nicht darauf gestützt werden, dass der Kläger allein durch das Hantieren mit dem Messer Leib und Leben der Mitarbeiterin objektiv und fahrlässig gefährdet hat. Der unsachgemäße Umgang mit einem Messer stellt zwar eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar. Diese hätte nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz den Ausspruch einer fristlosen oder fristgerechten Kündigung nur gerechtfertigt, wenn der Mann zuvor wegen einer ähnlichen Pflichtverletzung abgemahnt worden wäre.

Schließlich überzeugte aber auch der Vortrag des Arbeitgebers das Gericht nicht, dass der Mitarbeiter das Messer bewusst und aktiv an den Hals der Kollegin gehalten haben soll.

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil vom 13. Juli 2023 – 5 Sa 5/23