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Der Kirchenaustritt der Eltern bezieht nicht direkt den Austritt des getauften, minderjährigen Kindes mit ein. Dies erfuhr eine Frau aus Berlin bei der Einforderung der Kirchensteuer. Mit ihrer Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin wendete sie sich gegen zwei Bescheide, mit denen sie zur Entrichtung dieser verpflichtet wird. Dabei berief sie sich auch auf die Verfassung.

Nach einem Auszug aus dem Taufregister der Evangelischen Kirchengemeinde Bitterfeld wurde sie dort zwei Monate nach ihrer Geburt im Jahr 1953 im evangelischen Glauben getauft. Ihre Eltern traten 1956 und 1958 aus der Kirche aus. Die Klägerin gab in einem ihr von der Kirchensteuerstelle beim Finanzamt Prenzlauer Berg im September 2011 zugesandten Fragebogen an, nicht getauft zu sein. Als die Kirchensteuerstelle im Oktober 2011 von der Kirchengemeinde auf Anfrage jedoch erfuhr, dass die Klägerin 1953 getauft worden sei, zog diese die Klägerin mit zwei Bescheiden für 2012 und 2013 zur Kirchensteuerentrichtung mit der Begründung heran, dass sie infolge ihrer Taufe und mangels Kirchenaustritts Kirchenmitglied und damit kirchensteuerpflichtig sei.

Hiergegen setzt sich die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Berlin zur Wehr. Sie machte unter anderem geltend, ihre Eltern hätten seinerzeit auch den Austritt der Tochter miterklärt. Eine Kirchenmitgliedschaft sei ihr aufgrund ihrer atheistischen Erziehung auch nicht bewusst gewesen. Davon abgesehen führte sie ihre Ansicht an, die Anbindung der Kirchensteuerpflicht an die Kirchenmitgliedschaft und dieser wiederum an die Säuglingstaufe sei verfassungswidrig, weil das Freiwilligkeitsprinzip verletzt werde. Ferner rügte die Klägerin Verstöße der Kirchensteuerstelle gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen anlässlich deren Informationserhebung bei ihr und der genannten Kirchengemeinde.

Die 27. Kammer des Verwaltungsgerichts hat die Klage abgewiesen. Die Bescheide seien rechtmäßig und würden die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen. Sie ist durch ihre Taufe im Juni 1953 Mitglied der Evangelischen Kirche geworden und war in den betreffenden Veranlagungszeiträumen, den Jahren 2012 und 2013, Mitglied der beklagten Kirche gewesen.

Für das Gericht ließ sich nicht feststellen, dass die Klägerin vor dem Jahr 2014 aus dieser Kirche ausgetreten wäre. Insbesondere ergibt sich ihr Kirchenaustritt nicht aus den Austrittserklärungen ihrer Eltern. Die Heranziehung der Klägerin zur Zahlung von Kirchensteuer verstößt auch nicht gegen die Verfassung von Berlin – vor allem sei das Freiwilligkeitsprinzip nicht verletzt. Die Klägerin hätte mit ihrer Kirchenmitgliedschaft rechnen müssen und daher austreten können, dies aber nicht getan, so das Gericht. Die für die Erhebung der Kirchensteuer erlangten Informationen seien auch nicht, insbesondere nicht aus datenschutzrechtlichen Gründen, unverwertbar. Infolgedessen stehe der Klägerin auch kein Anspruch auf Erstattung der als Kirchensteuer einbehaltenen Beträge zu.

Gegen das Urteil kann Berufung am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht werden.

Verwaltungsgericht Berlin
Urteil vom 12. Dezember 2019 – VG 27 K 292.15