Ein Arbeitnehmer ist nicht berechtigt, einen vom Arbeitgeber für dienstliche
Zwecke zur Verfügung gestellten personenbezogenen E-Mail-Account
(Vorname.Name@Arbeitgeber.de) für die betriebsinterne Verbreitung eines
Streikaufrufs seiner Gewerkschaft an die Belegschaft zu nutzen.

Die Arbeitgeberin betreibt ein Krankenhaus mit 870 Beschäftigten. Der an dem
Verfahren beteiligte Arbeitnehmer ist Betriebsratsvorsitzender und Mitglied
von “ver.di”. Nach einer Anordnung der Arbeitgeberin ist die Nutzung ihres
Intranets ausschließlich dienstlichen Zwecken vorbehalten. Für den 13. April
2011 rief “ver.di” zu einem Warnstreik bei der Arbeitgeberin auf. Diesen
Aufruf leitete der Arbeitnehmer über das Intranet der Arbeitgeberin an alle
Mitarbeiter weiter und rief die Beschäftigten auf, sich an dem Streik zu
beteiligen. Er signierte die E-Mail mit den Worten: “Für die
ver.di-Betriebsgruppe” und fügte seinen Namen an.

Die Arbeitgeberin hat geltend gemacht, ihr stehe wegen der Verletzung des
arbeitskampfrechtlichen Neutralitätsgebots (§ 74 Abs. 2 Satz 1 BetrVG) ein
Unterlassungsanspruch zu. Der Arbeitnehmer hat sich darauf berufen, nicht
als Betriebsratsvorsitzender, sondern als Mitglied der
“ver.di”-Betriebsgruppe gehandelt zu haben. Die Arbeitgeberin habe zum
Schutze seiner individuellen Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) die
Nutzung ihres Intranets für die Verbreitung des Streikaufrufs zu dulden.

Die Vorinstanzen haben dem Antrag der Arbeitgeberin entsprochen. Die
Rechtsbeschwerde des Arbeitnehmers blieb vor dem Ersten Senat des
Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg. Entgegen der Annahme des
Landesarbeitsgerichts ergibt sich zwar aus § 74 Abs. 2 Satz 1 BetrVG kein
Unterlassungsanspruch der Arbeitgeberin. Dieser folgt jedoch aus § 1004 Abs.
1 Satz 2 BGB. Danach kann der Eigentümer vom Störer die Unterlassung
weiterer Beeinträchtigungen seines Eigentums verlangen. Hierfür ist
unerheblich, ob dem Arbeitnehmer der dienstlichen Zwecken vorbehaltene
Intranetzugang in seiner Funktion als Amtsträger oder unabhängig davon zur
Verfügung gestellt wurde. Die Arbeitgeberin ist nicht verpflichtet, die
Verbreitung von Streikaufrufen über ihr Intranet gemäß § 1004 Abs. 2 BGB zu
dulden. Von ihr kann nicht verlangt werden, durch eigene Betriebsmittel die
koalitionsspezifische Betätigung eines Arbeitnehmers in einem gegen sie
gerichteten Arbeitskampf zu unterstützen.

Bundesarbeitsgericht
Beschluss vom 15. Oktober 2013 – 1 ABR 31/12

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