Der Arbeitgeber kann aufgrund seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts den Arbeitnehmer anweisen, an einem Arbeitsort des Unternehmens im Ausland zu arbeiten, sofern nicht im Arbeitsvertrag ausdrücklich oder den Umständen nach konkludent etwas anderes vereinbart worden ist. Die Ausübung des Weisungsrechts im Einzelfall unterliegt nach der Gewerbeordnung (§ 106 GewO) allerdings einer Billigkeitskontrolle.
Im vorliegenden Fall war der Kläger als Pilot bei einem international tätigen Luftverkehrsunternehmen mit Sitz im europäischen Ausland beschäftigt und am Flughafen Nürnberg stationiert. Arbeitsvertraglich galt irisches Recht. Der Vertrag sah vor, dass der Kläger auch an anderen Orten stationiert werden könne. Aufgrund der Entscheidung, die Homebase in Nürnberg Ende März 2020 aufzugeben, versetzte die Airline den Kläger zum 30. April 2020 an den Flughafen Bologna. Vorsorglich sprach sie eine entsprechende Änderungskündigung aus, die der Kläger unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung annahm.
Seine Versetzung hielt der Pilot allerdings für unwirksam, denn das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 GewO erfasse nicht eine Versetzung ins Ausland, so seine Begründung. Zumindest sei eine solche unbillig, weil ihm sein tariflicher Vergütungsanspruch entzogen werde und ihm auch ansonsten erhebliche (finanzielle) Nachteile – etwa durch die Aufgabe des Wohnorts – entstünden.
Sein Arbeitgeber hielt dagegen, dass alternativ eine betriebsbedingte Beendigungskündigung in Betracht gekommen wäre. Ihre Entscheidung wahre billiges Ermessen, es seien alle an der Homebase Nürnberg stationierten Piloten ins Ausland versetzt worden und ein freier Arbeitsplatz an einem inländischen Stationierungsort sei nicht vorhanden gewesen.
Der Kläger hatte in allen gerichtlichen Instanzen keinen Erfolg. Ist – wie im Streitfall – arbeitsvertraglich ein bestimmter inländischer Arbeitsort nicht fest vereinbart, sondern ausdrücklich eine unternehmensweite Versetzungsmöglichkeit vorgesehen, umfasst das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 GewO auch die Versetzung an einen ausländischen Arbeitsort, entschied das Bundesarbeitsgericht. Eine Begrenzung des Weisungsrechts auf Arbeitsorte in der Bundesrepublik Deutschland ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Die Versetzung sei Folge der unternehmerischen Entscheidung. Die Airline hatte für einen solchen Fall das mit der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) vereinbarte Verfahren gemäß ihres geschlossenen Tarifplans eingehalten. Ein Einsatz als “Mobile Pilot” war nicht möglich, eine Base-Präferenz hatte der Kläger nicht angegeben. Alle am Flughafen Nürnberg stationierten Piloten wurden an einen Standort in Italien versetzt.
Dass der Kläger den Anspruch auf das höhere tarifliche Entgelt verliert, liegt an dem von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Geltungsbereich des Vergütungstarifvertrags, der auf die in Deutschland stationierten Piloten beschränkt ist. Zudem sieht der Tarifsozialplan vor, dass Piloten, die an einen ausländischen Stationierungsort verlegt werden, zu den dort geltenden Arbeitsbedingungen, insbesondere den dortigen Tarifgehältern, weiterbeschäftigt werden.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 30. November 2022 – 5 AZR 336/21