Auszubildenden ist auch dann eine angemessene Vergütung zu gewähren, wenn die Ausbildungsplätze des Betriebs mit öffentlichen Geldern gefördert werden. Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist auf die Funktion der Ausbildungsvergütung abzustellen. Sie soll dem Auszubildenden beziehungsweise seinen Eltern bei der Finanzierung des Lebensunterhalts eine Hilfe sein, die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften gewährleisten und in gewissem Umfang eine Entlohnung darstellen.

Eine an einschlägigen Tarifverträgen ausgerichtete Ausbildungsvergütung ist stets angemessen. Allerdings sind bei öffentlich geförderten Ausbildungsplätzen Besonderheiten zu berücksichtigen. Hätte ohne die Förderung der Ausbildungsplatz nicht zur Verfügung gestanden und verwertet der Ausbilder die Leistungen des Auszubildenden nicht selbst, kommt die Ausbildung ausschließlich dem Auszubildenden zu Gute, sodass der Gesichtspunkt einer Entlohnung an Bedeutung verliert.

In einem am Bundesarbeitsgericht verhandelten Fall organisiert der Beklagte als überörtlicher Ausbildungsverbund Förderprogramme für zusätzliche Ausbildungsplätze in Ostthüringen. Die Ausbildung erfolgt bei Praxispartnern in der Privatwirtschaft. Die zur Verkäuferin im Einzelhandel ausgebildete Klägerin erhielt nach Maßgabe der Förderrichtlinien im ersten Ausbildungsjahr eine monatliche Ausbildungsvergütung von 210 Euro und im zweiten Ausbildungsjahr von 217 Euro. Dies entsprach etwa einem Drittel der tariflichen Ausbildungsvergütung. Sie hielt diese Ausbildungsvergütungen für nicht angemessen und verlangte die Zahlung der tariflichen Ausbildungsvergütung. Die Vorinstanzen haben der Klage teilweise stattgegeben und der Klägerin Ausbildungsvergütung in Höhe von zwei Dritteln des einschlägigen BAföG-Satzes zugesprochen.

Die Revision des Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat den ihm zustehenden Spielraum bei der Beurteilung der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung nicht überschritten. Der BAföG-Satz kann für die Ermittlung der Lebenshaltungskosten eines Auszubildenden ein Anhaltspunkt sein. Seine beschränkten finanziellen Mittel entbinden den Beklagten nicht von der Verpflichtung zur Zahlung angemessener Ausbildungsvergütungen. Die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung hat sich nicht am Budget zu orientieren, sondern ist bereits bei der Vereinbarung des Budgets für die vorgesehene Anzahl von Ausbildungsplätzen zu berücksichtigen.

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 17. März 2015 – 9 AZR 732/13

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