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Die Kündigung eines Mietverhältnisses aufgrund von Eigenbedarf können Familienangehörige nur aussprechen, wenn ihnen auch ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Ist der Eigentümer der Immobilie etwa eine GbR, kann dies eine Rolle spielen. Das zeigt ein Urteil des Bundesgerichtshofs.

Die gekündigten Mieter lebten bereits in der Wohnung, als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), damals bestehend aus zwei Cousins, das Mietshaus erwarb. Sie hielten die Kündigung wegen Eigenbedarfs für unwirksam und beriefen sich dabei auf die formulierten Kündigungsbeschränkungen im Bürgerlichen Gesetzbuch in Verbindung mit Paragraf 2 der Kündigungsschutzklausel-Verordnung des Landes Berlin. Hiernach kann sich eine Personengesellschaft, die vermieteten Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter erworben hat, erst nach Ablauf von zehn Jahren seit der Veräußerung für eine Kündigung der Wohnung gegenüber dem Mieter auf berechtigte Interessen berufen. Diese Beschränkung gilt jedoch dann nicht, wenn die im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs vorhandenen Gesellschafter derselben Familie angehörten.

Bei Cousins wiederum greife diese Ausnahme nicht, hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Den Begriffen “Familie” und “Familienangehörige” komme dieselbe Bedeutung zu und hiervon seien ausschließlich diejenigen Personen umfasst, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen der Strafprozessordnung zusteht. Ein entfernterer Verwandter wie ein Cousin, der nicht dazu berechtigt ist, gehöre somit auch dann nicht zu dem vom BGB privilegierten Personenkreis, wenn zwischen ihm und dem Vermieter eine enge persönliche Bindung besteht. Selbst im Falle einer engen persönlichen Verbundenheit zwischen den Mitgesellschaftern bestehe die Privilegierung nicht, wenn das Verwandtschaftsverhältnis – wie in diesem Fall – zwischen ihnen so entfernt ist, dass es sie nicht zur Zeugnisverweigerung berechtigt, so der BGH.

Mit der Privilegierung von Familienangehörigen (in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) hat der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen wollen, dass innerhalb einer Familie aufgrund enger Verwandtschaft typischerweise ein Verhältnis persönlicher Verbundenheit und gegenseitiger Solidarität besteht, das die Ermöglichung einer Kündigung zu Gunsten Familienangehöriger rechtfertigt. Auch die Privilegierung von Familienangehörigen (in § 577a Abs. 1a Satz 2 BGB) beruht auf der Überlegung, dass aufgrund der engen persönlichen Bindung ein legitimes Interesse an der (zeitnahen) Geltendmachung des Eigenbedarfs besteht.

Entscheidend ist letztlich, für welchen Personenkreis der Gesetzgeber durch die Verwendung des Begriffs der Familie eine typischerweise vorliegende besondere soziale Bindung angenommen hat. Im Rahmen der genannten Paragrafen hat der Gesetzgeber dies nicht näher konkretisiert. Er hat eine solche Bewertung jedoch im Rahmen der ebenfalls auf der persönlichen Nähebeziehung und Verbundenheit gründenden Gewährung eines Zeugnisverweigerungsrechts aus persönlichen Gründen vorgenommen. Dort hat er objektive Kriterien nach dem Grad der familiären Beziehung aufgestellt und hierdurch den Personenkreis definiert, innerhalb dessen nach seiner Auffassung typischerweise eine persönliche Nähebeziehung besteht.

Cousins “als Verwandte in der Seitenlinie im vierten Grad” steht dieses Recht nicht zu. Sie gehören somit nicht zu derselben Familie im Sinne des § 577a Abs. 1a Satz 2 BGB.

Bundesgerichtshof
Urteil vom 10. Juli 2024 – VIII ZR 276/23