Foto: pixabay.com

Reisende, deren Pauschalreise durch Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie beeinträchtigt wurde, können möglicherweise eine Minderung des Reisepreises verlangen. Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschieden. Die Pauschalreiserichtlinie sehe eine verschuldensunabhängige Haftung des Reiseveranstalters vor, so der EuGH.

Die Kläger hatten eine zweiwöchige Pauschalreise nach Gran Canaria ab dem 13. März 2020 gebucht. Zwei Tage nach ihrer Ankunft wurden zur Bekämpfung der Verbreitung des Coronavirus die Strände gesperrt und eine Ausgangssperre verhängt. Auch in ihrem Hotel durften Pools und Liegen nicht mehr genutzt werden und das Animationsprogramm wurde eingestellt. Lediglich zum Essen durften sie ihr Hotelzimmer veranlassen, zudem wurde ihnen mitgeteilt, dass sie sich bereithalten sollten, die Insel jederzeit zu verlassen. Am 20. März 2020 kehrten sie nach Deutschland zurück.

Aufgrund dieser Umstände verlangen sie von ihrem Reiseveranstalter eine Preisminderung von 70 Prozent. Dieser verweigerte das mit der Begründung, er habe nicht für ein solches „allgemeines Lebensrisiko“ einzustehen.

Das Landgericht München I ersuchte den Europäischen Gerichtshof um Auslegung der Pauschalreiserichtlinie. Diese sieht vor, dass der Reisende Anspruch auf eine angemessene Preisminderung für jeden Zeitraum hat, in dem eine Vertragswidrigkeit vorlag, es sei denn, der Reiseveranstalter belegt, dass die Vertragswidrigkeit dem Reisenden zuzurechnen ist.

Der EuGH urteilte, dass ein Reisender Anspruch auf eine Minderung des Preises seiner Pauschalreise hat, wenn eine Vertragswidrigkeit der in seiner Pauschalreise zusammengefassten Reiseleistungen durch Einschränkungen bedingt ist, die an seinem Reiseziel zur Bekämpfung der Verbreitung einer Infektionskrankheit wie Covid-19 angeordnet wurden. Die Ursache der Vertragswidrigkeit und insbesondere ihre Zurechenbarkeit zum Reiseveranstalter ist nämlich unerheblich, da die Richtlinie in Bezug auf den Anspruch auf Preisminderung eine verschuldensunabhängige Haftung des Reiseveranstalters vorsieht. Von dieser ist er nur befreit, wenn die Nichterbringung oder mangelhafte Erbringung der Reiseleistungen dem Reisenden zuzurechnen ist, was hier nicht der Fall ist.

Unerheblich sei, dass Einschränkungen wie für die weltweite Corona-Pandemie auch am Wohnort des Reisenden sowie in anderen Ländern angeordnet wurden.

Das Landgericht muss nun auf der Grundlage der Leistungen, die der Reiseveranstalter vertragsgemäß zu erbringen hatte, beurteilen, ob insbesondere die Sperrung der Pools des Hotels, das Fehlen eines Animationsprogramms oder auch der verhinderte Zugang zu den Stränden und die Besichtigung der Insel infolge des Erlasses der Maßnahmen der spanischen Behörden eine Nichterbringung oder mangelhafte Erbringung der vertraglichen Leistungen durch den Reiseveranstalter darstellen konnten. Nach dieser Beurteilung hat die Preisminderung dem Wert der vertragswidrigen Reiseleistungen zu entsprechen.

Gerichtshof der Europäischen Union
Urteil vom 12. Januar 2023 – C-396/21