Patientenverfügung, Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht
Auszug aus einem Vortrag im Rahmen einer Sonderveranstaltung der Dresdner
Bank AG am 25. Juni 2008 um 17.00 Uhr
Referentin: Rechtsanwältin Ilona Janzik
I. Überblick
Drei Instrumente stehen zur Verfügung, um in gesunden Tagen im Sinne der
Selbstbestimmung schriftliche Willenserklärungen für den Fall einer späteren
Einwilligungsunfähigkeit abgeben zu können.
1. Die Patientenverfügung: Sie ist eine Bekundung
eigener Wünsche in Bezug auf medizinische Behandlung und Pflege auch bei
schwerster aussichtsloser Erkrankung, insbesondere in der letzten
Lebensphase.
2. Die Betreuungsverfügung: Sie ist die Benennung einer Person des
eigenen Vertrauens für den Fall, dass das Vormundschaftsgericht wegen
eigener Entscheidungs- und Handlungsunfähigkeit einen Betreuer einsetzt.
3. Die Vorsorgevollmacht: Sie ist die Bevollmächtigung einer Person des
Vertrauens, die im Fall eigener Entscheidungs- und Handlungsunfähigkeit für
den Vollmachtserteilenden unter Beachtung der §§ 1904 und § 1906 BGB
rechtswirksam handeln kann.
II. Patientenverfügung
Ziel der Patientenverfügung ist eine schriftliche Behandlungsanweisung
des potentiellen Patienten an seinen Arzt zu geben, für den Fall künftiger
Entscheidungsunfähigkeit. Zur Errichtung genügt die natürliche
Einsichtsfähigkeit, da es für die Einwilligung in ärztliche Eingriffe bzw.
deren Verweigerung auch nur darauf und nicht auf die Geschäftsfähigkeit des
Betroffenen ankommt. Die Verfügung gilt bis zu ihrem Widerruf.
Ein gesetzliches Formerfordernis für eine Patientenverfügung besteht nicht,
wobei aber aus Beweisgründen zumindest Schriftform empfehlenswert ist. Einer
ärztlichen Aufklärung bedarf für die Wirksamkeit nicht. Diese ist aber
sicher sinnvoll.
Häufigster Inhalt ist die Ablehnung lebensverlängernder und -erhaltender
Maßnahmen, wenn ein hoffnungsloser gesundheitlicher Zustand erreicht ist.
Eine solche Verfügung ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung und
nach der Bundesärztekammer grundsätzlich zulässig und verbindlich. Die
Verfügung ist aber nur in den Grenzen der zulässigen Sterbehilfe erteilbar.
Dies richtet sich nach dem Strafrecht. Aktive Sterbehilfe ist als Tötung auf
Verlangen nach § 216 StGB strafbar. Erlaubt ist Schmerzlinderung, wenn sie
mit einer Lebensverkürzung, die nur Nebenfolge sein darf, verbunden ist.
Bloße Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen auch zulässig, wenn das
Grundleiden einen irreversiblen tödlichen Verlauf genommen hat. Zulässig ist
auch eine Verfügung, in dem der Betroffene den Ärzten ausdrücklich den
Abbruch lebensverlängernder intensivmedizinischer Maßnahmen untersagt. Zu
einer medizinisch sinnlosen Behandlung kann ein Arzt allerdings nicht
gezwungen werden. Auch kann in einer Verfügung die Verweigerung einer
Organentnahme oder einer Obduktion angeordnet werden.
Juristische Bedeutung: Die Patientenverfügung ist von den behandelnden
Ärzten sowie dem Pflegepersonal zu beachten. Sobald ein Betreuer bestellt
oder ein Bevollmächtigter handelt, richtet sich die Verfügung an den
Betreuer bzw. Bevollmächtigten. Ein Behandlungsabbruch, wo ärztlich
lebenserhaltende oder – verlängernde Behandlungen angeboten werden, bedarf
aber der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
Aufbewahrungsmöglichkeiten: Aufbewahrt werden kann diese bei den
persönlichen Unterlagen, bei Angehörigen oder Freunden, evtl. beim Hausarzt
oder beim Rechtsanwalt.
III. Betreuungsverfügung
Sie dient dem Ziel, dass der künftige Betreute eine Person des Betreuers
sowie seine Vorstellungen und Wünsche hinsichtlich seiner Lebensführung nach
Eintritt des Betreuungsfalles äußern und festlegen kann. Der Betreuer hat
diesen dann zu entsprechen, soweit die Befolgung nicht dessen Wohl zu wider
läuft oder dem Betreuer unzumutbar ist. Eine Betreuungsverfügung kann
unabhängig von der Geschäftsfähigkeit erteilt werden. Es muss nur ein
entsprechender Wille feststellbar sein. Der ausgewählte Betreuer muss
geeignet sein, die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen.
(Beispiele für Ungeeignetheit: Abhängigkeitsverhältnis; in selben
Einrichtung untergebracht).
Für die Betreuungsverfügung hat der Gesetzgeber keine Form vorgeschrieben.
Aus Beweisgründen ist jedoch Schriftform, unter Umständen verbunden mit
einer Unterschriftsbeglaubigung empfehlenswert.
Juristische Bedeutung: Das Vormundschaftsgericht muss die Bestellung der
genannten Person aussprechen. Das Gericht hat kein Auswahlermessen. Bei
schwerwiegenden medizinischen Maßnahmen, wie z.B. Behandlungsabbruch ist
eine vormundschaftliche Genehmigung erforderlich. Nach § 1901a BGB hat
derjenige, der ein Schriftstück besitzt, in dem jemand für den Fall seiner
Betreuung Vorschläge zur Auswahl des Betreuers oder Wünsche zur Wahrnehmung
der Betreuung geäußert hat, dieses unverzüglich an das das
Vormundschaftsgericht abzuliefern, nachdem er von der Einleitung eines
Betreuungsverfahrens Kenntnis erlangt hat.
Aufbewahrungsmöglichkeiten: In einigen Bundesländern besteht bereits
vorher eine Hinterlegungsmöglichkeit. In NRW besteht leider noch nicht die
Möglichkeit der Ablieferung von Betreuungsverfügungen vor Einleitung eines
Verfahrens. Die Verfügung sollte so aufbewahrt werden, dass gewährleistet
ist, die Betreuungsverfügung ggf. unverzüglich dem Vormundschaftsgericht
zugeleitet wird.
IV. Vorsorgevollmacht
Die Anordnung einer Betreuung ist nicht erforderlich, wenn die
Angelegenheiten eines Volljährigen ebenso gut durch einen Bevollmächtigten
wie durch einen Betreuer erfüllt werden kann. Im Vermögensbereich
bietet sich die Generalvollmacht an, d.h. der gesamte Vermögensbereich
sollte, wie beispielsweise Grundvermögen, Geld- und Bankangelegenheiten,
Vertretung gegenüber Gerichten und Behörden, durch die Vollmacht abgedeckt
werden. Vorsorgevollmachten können auch in persönlichen Angelegenheiten
erteilt werden.
Bei vermögensrechtlichen Angelegenheiten muss der Vollmachtgeber zum
Zeitpunkt der Vollmachtserteilung unbeschränkt geschäftsfähig sein. Bereits
bei Zweifeln ist die Betreuung anzuordnen. Im persönlichen Bereich ist
allgemeine Einwilligungsfähigkeit ausreichend.
Die Vorsorgevollmacht ist formfrei erteilbar, da das Gesetz grundsätzlich
keine Form vorschreibt. Bei Bevollmächtigung zu Maßnahmen nach § 1904 und §
1906 (Unterbringungsmaßnahmen) schreibt das Gesetz aber Schriftform vor. Allerdings
sollte die Vollmacht schon aus Beweiszwecken schriftlich erteilt werden.
Anschließend ist sie persönlich zu unterschreiben. Bei der
Anordnung einer Vollmacht über Grundvermögen ist diese öffentlich zu
beglaubigen. Bei Bevollmächtigung zur Einwilligung in ärztliche Maßnahmen,
Entscheidungen über freiheitsentziehende Unterbringung oder
unterbringungsähnliche Maßnahmen sind diese auch schriftlich und
ausdrücklich zu erteilen. Und überall wo ein Betreuer der
vormundschaftlichen Genehmigung bedarf (z.B. Aufenthaltsbestimmungsrecht,
Unterbringungsmaßnahme) bedarf auch der Bevollmächtigte dieser. In
persönlichen Angelegenheiten muss die Vollmacht äußert konkret sein. Vorteil
der notariellen Beglaubigung ist, dass der Notar die Geschäftsfähigkeit des
Vollmachtgebers prüft. Auch aus Beweisgründen ist diese Form die sicherste.
Diese hat auch die größte Akzeptanz im Rechtsverkehr.
Die Vollmacht muss über einen zulässigen Bereich erteilt werden.
Beispielsweise können Eidesstattliche Versicherungen nicht durch einen
Bevollmächtigten abgegeben werden. Die Befreiung von § 181 BGB kann erteilt
werden. Auch kann bestimmt werden, dass die Vollmacht über den Tod hinaus
wirken soll. Bei Geschäftsunfähigkeit nach Erteilung bleibt die erteilte
Vollmacht dennoch wirksam.
Die Vollmachtserklärung muss gegenüber dem Bevollmächtigten abgegeben
werden. Vollmachtsmissbrauch kann verhindert werden, indem der
Bevollmächtigte eine Regelung des In-Kraft-Tretens der Vollmacht trifft und
dann auch erst die Vollmacht übergeben wird.
Die Bevollmächtigung gilt bis zu ihrem Widerruf. Nach dem Tod des
Vollmachtgebers kann jeder einzelne Miterbe die Vollmacht widerrufen. Es
sollte an die Rückgabe der Vollmachtserklärung gedacht werden, denn im
Rechtsverkehr besteht sonst die Bevollmächtigung weiter. Bei notarieller
Beurkundung gilt dies nur für die Urschrift und für eine notariell
beglaubigte Abschrift. Nicht dagegen für eine beglaubigte Abschrift. Ein
Widerruf durch einen Betreuer ist nur in eingeschränktem Maße möglich.
Juristische Bedeutung: Die Bestellung durch das Vormundschaftsgericht
entfällt, jedoch nicht die Genehmigungspflicht bei schwerwiegenden
medizinischen Maßnahmen also auch bei Entscheidungen mit
freiheitsentziehendem Charakter. Bei ausdrücklicher und wirksamer
Bevollmächtigung ist die Anordnung einer Betreuung unzulässig.
Aufbewahrungsmöglichkeiten: Eine bundeseinheitliche
Hinterlegungsmöglichkeit gibt es noch nicht. In einigen Bundesländern (NRW
(-) ) können sie bei den Amtsgerichten hinterlegt werden. Dann gibt es
private Organisationen, wie das Deutsche Rote Kreuz, wo sie hinterlegt
werden kann. Die Bundesnotarkammer bietet die Registrierung der
Vorsorgevollmacht – egal ob notariell beurkundet oder nicht – an. Hier nimmt
auch das Vormundschaftsgericht in einem Betreuungsverfahren Einsicht. Ansonsten
kann die Verfügung bei den persönlichen Unterlagen, beim Bevollmächtigtem
selbst oder einer anderen Vertrauensperson hinterlegt werden.