Pflegeeltern haben sich mit einer Verfassungsbeschwerde erfolglos gegen den Wechsel ihres Pflegekindes in eine andere Pflegefamilie gewehrt. Die Entscheidung der Vormündin und des Jugendamts entsprach dem Besten für das Kindeswohl, urteilte das Bundesverfassungsgericht.
Die Beschwerdeführer waren für mehr als vier Jahre die Pflegeeltern eines im September 2018 geborenen Kindes. Bei dem Kind zeigten sich Entwicklungsverzögerungen, die wohl auf einen Drogenkonsum seiner leiblichen Mutter während der Schwangerschaft zurückzuführen waren. Die Vormündin des Kindes und das Jugendamt befürchteten eine Überforderung der bisherigen Pflegeeltern und brachten das Kind im Februar 2023 bei anderen Pflegeeltern unter, die aufgrund ihrer jeweiligen beruflichen Tätigkeit mit den Störungsbildern des Kindes gut vertraut sind. Die Beschwerdeführer wehrten sich hiergegen letztlich erfolglos vor den Familiengerichten. Diese sahen bei einem Verbleib bei den bisherigen Pflegeeltern eine größere Gefahr für das Kindeswohl als bei einem Wechsel zu den neuen Pflegeeltern.
Verfassungsrechtlich sei das nicht zu beanstanden, so das Bundesverfassungsgericht. Auf das Elterngrundrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG könnten sich Pflegeeltern nicht stützen. Das zugunsten der bisherigen Pflegeeltern wirkende Grundrecht auf Schutz der Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) sei nicht verletzt. Bei einem Wechsel von einer Pflegefamilie in eine andere komme es maßgeblich auf das Wohl des Kindes an.
Die verfassungsrechtlich gebotene Ausrichtung am Kindeswohl erfordert, die gewachsenen Bindungen des Kindes an seine bisherigen Pflegeeltern einzubeziehen und gerade die aus der Trennung von diesen drohende Gefahr für das Kindeswohl zu bedenken. Grundsätzlich gebietet das Kindeswohl, bei gewachsenen Bindungen des Kindes zu seinen Pflegepersonen, das Kind aus dieser Pflegefamilie nur herauszunehmen, wenn die körperlichen, geistigen und seelischen Beeinträchtigungen des Kindes als Folge der Trennung von seinen bisherigen Bezugspersonen unter Berücksichtigung der Grundrechtsposition des Kindes hinnehmbar sind. Die im Fachrecht für den Fall beidseitiger möglicher Kindeswohlgefährdung herangezogene Abwägung zwischen den Gefährdungspotentialen entspricht regelmäßig dieser verfassungsrechtlich gebotenen Kindeswohlorientierung bei der Auflösung einer bestehenden Konfliktlage zwischen den Interessen von Eltern, Pflegeltern und Kind.
Ist zu erwarten, dass dem Kindeswohl – wie in diesem Fall – mit einem Wechsel der Pflegefamilie trotz des Bindungsabbruchs zu den bisherigen Pflegeeltern eher gedient ist, setzen sich die Interessen des Kindes gegen die seiner vormaligen Pflegeeltern durch.
Bundesverfassungsgericht
Beschluss vom 28. August 2023 – 1 BvR 1088/23